Beschreibung
München im nachrevolutionären Sommersemester 1920. Max Weber hielt vor weit mehr als 500 Hörern die Vorlesung "Allgemeine Staatslehre und Politik (Staatssoziologie)". Anders als der juristische Vorlesungstypus der "Allgemeinen Staatslehre" zielte Weber damit auf eine Soziologie des Staates und der Herrschaft, wie sie bislang an deutschen Universitäten nicht angeboten wurde. Er diktierte eine klare Disposition und trug zur Einführung auf der Grundlage seiner "soziologischen Grundbegriffe" die "Typen der Herrschaft" aus der neuen Fassung von Wirtschaft und Gesellschaft vor. Er verband sie mit den theoretischen Ausführungen aus Politik als Beruf und belebte seine Vorlesung zugleich durch aktuelle Beispiele. Seit dem Herbst 1917 hatte sich Weber intensiv mit den "Problemen der Staatssoziologie" beschäftigt. Durch Webers Tod blieb die Vorlesung jedoch unvollendet. Die Edition beruht auf der vollständigen Transkription zweier Nachschriften, die in manchen Teilen in einer heute nicht mehr geläufigen Kurzschrift verfaßt worden sind. Der vom Herausgeber gewählte synoptische Abdruck beider Nachschriften verdeutlicht die Parallelen in Aufbau und Wortwahl. Sie bieten ein authentisches Zeugnis für Webers gesprochenes Wort und ermöglichen dadurch erstmalig eine eindrucksvolle Rekonstruktion der Vorlesung, zu der keine autoreigenen Aufzeichnungen überliefert sind. Ergänzt werden die Nachschriften um eine handschriftliche Ankündigung Max Webers zum Sommersemester 1920. Einleitung und Editorischer Bericht informieren über die werkbiographischen Hintergründe und die Überlieferungslage der Texte. Einen schnellen Zugriff auf den Band ermöglichen ein Personenregister und eine CD-ROM zur Volltextsuche.
Autorenportrait
Geboren 1864 in Erfurt; Studium der Jurisprudenz, Geschichte, Nationalökonomie und Philosophie in Heidelberg, Berlin und Göttingen; 1889 Promotion über die Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter; 1891 Habilitationsschrift über Römische Agrargeschichte; Ordinarius für Nationalökonomie in Freiburg (ab 1894) und Heidelberg (ab 1897); Mitherausgeber des Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik und Redakteur des Grundriß der Sozialökonomik; umfassende Beiträge zur Methodologie der Sozialwissenschaften, zur Politik des deutschen Kaiserreichs, zu Wirtschaft, Politik, Religion, Recht und Kunst in universalgeschichtlicher Perspektive; nach langem, krankheitsbedingtem Interim schließlich Professor für Gesellschaftswissenschaft, Wirtschaftsgeschichte und Nationalökonomie in München (ab 1919); gestorben 1920 in München.