Beschreibung
Wenn jetzt nicht etwas Grundlegendes geschieht, dann war's das mit der Freiheit. Und nicht die Angriffe ihrer Gegner werden ihr den Garaus machen - die Gleichgültigkeit derer, die sie so lange genossen, wird es tun. Pandemien, Weltkrieg, Klimanotstand: Die Freiheit schwebt in höchster Gefahr. "Freiheitsgesäusel"? "Mehr Diktatur wagen"? Was ist kaputt in den Herzen und Köpfen der vielen, dass sie sich selbst und ihre Freiheit so geringschätzen, ja regelrecht verachten? Warum stimmen sie ihrer eigenen Entrechtung zu und scheinen in ihre Ketten geradezu verliebt? Roland Rottenfußer zeigt: Wir sind Gefangene unserer Illusionen, Gefangene der Lügen und Strategien der Macht. Doch der Kaiser ist längst nackt, der Zauberer von Oz nur ein größenwahnsinniger Zwerg, der an Hebeln zieht. Erkennen wir, dass unsere Angst grundlos ist, fällt der Bann von uns ab und finden wir zurück in "unsere" Wahrheit und Kraft: "Wäre die Freiheit eine Person, eine schöne Göttin - was würde ich ihr sagen? Vor allem eines: Verzeih uns! Verzeih uns diesen erbärmlichen, unwürdigen Verrat. Es wird nie wieder vorkommen. Von nun an werden wir besser für dich kämpfen." Rottenfußers Buch ist Liebeserklärung an die Freiheit und individuell-kollektive Revolutionsanleitung zugleich. Der Weg liegt vor uns, wir müssen ihn nur noch gehen. Ganz nach der Devise von Bertolt Brecht: "Wenn die Wahrheit zu schwach ist, sich zu verteidigen, muss sie zum Angriff übergehen."
Autorenportrait
Roland Rottenfußer studierte Germanistik in München und arbeitete als Lektor, Werbetexter sowie Autorenscout für Buchverlage. Von 2001 bis 2005 war er Redakteur beim spirituellen Magazin Connection, später dann beim Online-Magazin Hinter den Schlagzeilen. Seit 2021 ist er Chefredakteur von Rubikon, dem Magazin für die kritische Masse. Zuletzt erschienen von ihm "Schuld-Entrümpelung" sowie - gemeinsam mit Konstantin Wecker und Günter Bauch - "Das ganze schrecklich schöne Leben".
Leseprobe
Die Unfreiheit hat sich so tief in unsere Seelen gefressen, dass manche sie zwar noch als solche wahrnehmen, aber nicht wissen, wie sie sich gegen die Übermacht und Brutalität der Herrschenden zur Wehr setzen können. In Zeiten, in denen das Gleichgewicht derart zu Ungunsten der Freiheit verschoben ist, halte ich es für dringend geboten, ein Buch über die Freiheit zu schreiben. Wie oft muss die Freiheit eigentlich noch in den Staub getreten werden, bevor wir nicht nur defensiv und halbherzig, sondern leidenschaftlich ihre Partei ergreifen? Wie viele Färbungen ideologischer Art, wie viele Gesichter und Masken muss Unfreiheit noch annehmen, bevor wir begreifen, dass Despotismus verachtenswert ist und dass Staatlichkeit - ja jegliche Art von Macht und Autorität - unserer wachsamen Kontrolle bedarf? Wir bewohnen einen Planeten der Unterwerfer und der Unterworfenen, der Brechenden und der Gebrochenen, der Versklavenden und der Versklavten. Kollektives Charaktermerkmal unserer Spezies scheint ein fundamentaler Mangel an Respekt vor dem freien Willen des Einzelnen zu sein, eine Neigung, die Herrschaft einer Minderheit über die Mehrheit mit äußerster Brutalität wieder und wieder zu erzwingen und diese den Unterworfenen mittels Propaganda als die einzig mögliche und wünschenswerte Gesellschaftsform zu verkaufen. Die Tyrannei, die wir lange wie ein fernes Märchen aus sicherem Abstand bestaunt haben, die wir zu >bekämpfen< meinten, als dies noch völlig gefahrlos war - viele von uns erkennen sie nicht mehr, jetzt, da sie direkt vor uns steht. Die Menschen unserer Generation sind ihren Ahnen nie näher gewesen als in ihrer derzeitigen Verblendung, in diesem wie gelähmten und lähmenden Akt der Unterwerfung. Der sicherste Weg, eine Bewährungsprobe nicht zu bestehen, ist, zu leugnen, dass es sie gibt. Wenn fast jeder sich von der Freiheit abwendet, müssen eben wir ihr Halt und Zuflucht sein. Denn fast alle treten auf in ihrem Namen, doch fast niemand tritt wirklich für sie ein. Der einzige Weg, um sich in einem autoritären Staat wohlzufühlen, ist nun mal, sich dem Regime anzuschließen, zu seinem Mitläufer oder Büttel zu werden, den Zwingherrn anzuhimmeln und dessen Weltsicht mit Copy & Paste in den eigenen Kopf zu verpflanzen. Die Mächtigen, quasi von Amts wegen Freiheitsskeptiker, kreieren zusammen mit den Freiheitsflüchtlingen eine neue Realität. Eine Gesellschaft, in der der Mensch nur noch als Schrumpfform seiner früheren Größe vorkommt. Als der homo obediens, der gehorsame Mensch. Macht hat in der Vergangenheit unglaubliche Verwüstung angerichtet und wird doch nur sehr selten grundlegend infrage gestellt. Angegriffen wird stets nur dieser oder jener Mächtige, niemals aber die Macht selbst. Machtausübung in ihrer ungesunden Erscheinungsform beruht auf der Befriedigung, die der Mächtige dabei verspürt, über Unterworfene zu verfügen. Wo sich diese Freude abnutzt, wie es beim Umgang mit anderen Suchtstoffen zu beobachten ist, braucht es mehr Macht. Am Ende hält jemand nur deshalb noch an der Macht fest, weil ihr Entzug schmerzt, und nicht mehr, weil ihr Besitz große Freude bereiten würde. Destruktive Macht ist stets bestrebt, den Bewegungsspielraum anderer einzuengen, und fordert symbolische Unterwerfungsgesten ein. Macht will sich stets ihrer selbst gewiss sein. Es verunsichert sie, dass die Gedanken der Unterworfenen eine >Blackbox< sind, für sie also nicht in vollem Umfang einsehbar. Die volle Kontrolle ist auf diese Weise schwer zu erlangen, daher inszenieren Machthaber dauernd >Machtproben<. Diese dienen ihnen als Gradmesser dafür, ob sie >es< noch im Griff haben. Zugleich besteht die Machtstrategie darin, die Menschen im Sinne eines automatisierten Regelgehorsams zu erziehen. Wo Macht ist, richtet sich das Denken der Mehrheit nach ihr aus wie Eisenspäne nach einem Magneten. Sobald Regierende etwas öffentlich als Wahrheit hinstellen, beginnt es in den Gehirnen von Millionen ihrer Untertanen zu arbeiten, mit dem einzigen Ziel, den