Beschreibung
Die Jagd auf deine Gene hat schon begonnen Michael Crichton holt in NEXT die Zukunft in unsere Gegenwart - und zeichnet das schockierende Porträt einer Gesellschaft, in der die Wahrung der körperlichen Unversehrtheit kein Grundrecht mehr ist.
Autorenportrait
Michael Crichton wurde 1942 in Chicago geboren und studierte in Harvard Medizin. Crichton, der seit Mitte der Sechzigerjahre Romane schrieb, griff immer wieder gekonnt neueste naturwissenschaftliche und technische Forschungen auf. Für die international er
Leseprobe
Prolog Vasco Borden, neunundvierzig Jahre alt, zupfte am Revers seines Anzugs und rückte sich die Krawatte zurecht, als er über den weichen Teppich der Hotelhalle schritt. Anzüge waren seine Sache nicht, wenngleich dieser marineblaue speziell maßgeschneidert war, um die auffällige Muskelmasse seines Körpers ein wenig zu kaschieren. Borden war ein Koloss, ein Meter zweiundneunzig groß, ein ehemaliger Footballspieler, der sich als Privatdetektiv auf die Rückführung flüchtiger Personen spezialisiert hatte. Und im Augenblick folgte Vasco seiner Zielperson, einem dreißigjährigen Nachwuchsforscher mit Halbglatze, der der Firma MicroProteonomics in Cambridge, Massachusetts, abhandengekommen war, auf dem Weg in den Hauptkongresssaal. Der Kongress BioChange 2006 mit dem enthusiastischen Untertitel 'Die Zukunft beginnt jetzt!' fand im Venetian Hotel in Las Vegas statt. Die zweitausend Teilnehmer rekrutierten sich aus allen Bereichen der Biotechnologie, darunter Investoren, Human Resource Manager, die stets auf der Suche nach geeigneten Wissenschaftlern waren, Spezialisten für Technologietransfer, Vorstandsvorsitzende und Juristen mit dem Fachgebiet 'Geistiges Eigentum'. Auf die eine oder andere Weise war nahezu jede Biotechfirma in den USA hier vertreten. Einen besseren Ort hätte sich der Flüchtige für das Treffen mit seiner Kontaktperson nicht aussuchen können. Der Mann sah völlig unscheinbar aus. Er hatte ein argloses Gesicht und ein Unterlippenbärtchen, ging leicht gebeugt und wirkte schüchtern und ungelenk. Aber Tatsache war, dass er sich mit zwölf transgenen Embryonen in einem kryogenischen Dewar-Gefäß aus dem Staub gemacht und sie quer durchs Land hierher geschafft hatte, wo er sie seinem bislang unbekannten Auftraggeber überreichen wollte. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Jungwissenschaftler es leid war, sich mit seinem Gehalt zu bescheiden. Und auch nicht das letzte Mal. Der Flüchtige ging zum Anmeldetisch, um sich seinen Kongressausweis abzuholen, den er sich um den Hals hängte. Vasco hielt sich in der Nähe des Eingangs und zog sich seinen eigenen Ausweis über den Kopf. Er hatte sich gut vorbereitet und tat jetzt so, als studierte er mit großem Interesse den Veranstaltungsplan. Die wichtigen Vorträge fanden alle im großen Ballsaal statt. Es gab Seminare zu Themen wie 'Feinabstimmung von Recruitingverfahren' und 'Gewinnstrategien zur Bindung von Forschungspotenzial', 'Führungskräfte und Kapitalbeteiligung', 'Corporate Governance und Börsenaufsicht', 'Entwicklungstendenzen der Patentämter', 'Privatinvestoren: Segen oder Fluch?' und schließlich 'Schutzmaßnahmen gegen Betriebsspionage'. Vasco arbeitete überwiegend für Hightechfirmen. Er war schon öfter auf solchen Kongressen gewesen, auf denen es entweder um Wissenschaft und Forschung oder um Business ging. Hier ging es um Business. Der Flüchtige, der Eddie Tolman hieß, ging an ihm vorbei in den Ballsaal. Vasco folgte ihm. Tolman marschierte an einigen Reihen entlang nach vorn und ließ sich auf einen Sitz sinken, wo niemand in der Nähe saß. Vasco schob sich in die Reihe dahinter und konnte Tolman schräg über die Schulter blicken. Der junge Tolman sah auf seinem Handy nach, ob er irgendwelche Textnachrichten hatte, dann entspannte er sich offenbar, blickte auf und hörte dem Vortrag zu. Der Mann am Rednerpult hieß Jack B. Watson und war einer der bekanntesten kalifornischen Risikokapitalgeber, eine legendäre Figur in der Welt des Hightechinvestments. Watsons Gesicht, wie immer sonnengebräunt und ungeheuer attraktiv, war in Nahaufnahme auf dem Bildschirm hinter ihm zu sehen, sodass es den ganzen Raum dominierte. Watson hatte sich mit seinen zweiundfünfzig Jahren gut gehalten, und er pflegte eifrig seinen Ruf, ein Kapitalist mit Gewissen zu sein. Mit diesem Renommee waren ihm etliche skrupellose Geschäftsabschlüsse gelungen: In den Medien war er immer nur zu sehen, wenn er mal wieder eine besond ...