Beschreibung
'Linoleum-Thais' und 'Kuckucksuhren-Osteuropäer', Iraner mit Rolex und Kubaner mit Kapuzenshirt Marko Martin reist um die Welt, flaniert durch Berlin und lässt sich mitnehmen, aufpicken, abschleppen. Der Blick in die Wohnungen, in die Schlafzimmer fremder Länder fördert manche Wahrheit zutage, die sexuellen Gewohnheiten, Lebenslügen und Sehnsüchte seiner Dates erst recht: 'Aber wovon sie alle schwärmen, alle, ist Tel Aviv. Stell dir vor, ausgerechnet das verbotene, ihnen unzugängliche Tel Aviv, der Traum von nackten Israeli-Soldaten.' Wenn der Weg zum Kennenlernen auch erst einmal durchs Bett führt, taugt diese geballte Ladung internationaler Affären kaum als Porno, denn seine Geschichten sind umrankt und durchdrungen von vielfältigen literarischen Inspirationen.
Autorenportrait
Marko Martin, geb. 1970, verließ im Mai 1989 als Kriegsdienstverweigerer die DDR und lebt, sofern nicht auf Reisen, als Schriftsteller in Berlin. Bekannt wurde er durch seinen Roman 'Der Prinz von Berlin'. Seine Erzählbände 'Schlafende Hunde' und 'Die Nacht von San Salvador' erschienen in der Anderen Bibliothek. Es folgten 'Treffpunkt '89', 'Madiba-Days' und zuletzt die Liebeserklärung 'Tel Aviv. Schätzkästchen und Nussschale, darin die ganze Welt'.
Leseprobe
Warum diese Absteigen in Mexico-City Madras Santiago Vientiane oder Alicante? Fusseliger Teppich, Zigarettenlöcher in Fenstervorhang und Bettdecke, mitunter eine Kakerlake im Bad, furchterregend flüchtige Hieroglyphe auf schlierigen Kacheln. Unter dem schmalen Balkon ein Ausschnitt vom Meer oder auch nur der Blick auf eine Seitenstraße, nach Sonnenuntergang unter verdächtigem Neongeflacker belebt - und Du, Du mit um die Hüfte geschlungenem Badetuch, Zigarettenrauch in die Luft blasend, kryptische Kringel als Fortsetzung Deines seltsamen Lächelns? Welche Begründung also für diese Art Existenz, für Paz und Wondratschek ja eben diese ! , weiterhin auf Deinem Nachttisch, gleich neben den Präservativen, und auf dem Bettlaken noch immer der Abdruck eines zweiten oder dritten Körpers? In Deinem Alter, Mann, und statt Triumph, Scham oder gar der befremdenden Passivität Pasolinischer Vorstadtwiesen-Dankbarkeit nichts weiter als diese Deine frohgemute, skeptische Verwunderung. Sie aber kamen vom Surrealismus und gingen in ihre Bücher.
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