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Es liegt kein Antrag vor

Unerhörtes aus dem Alltag einer Jobsuchenden

Erschienen am 01.09.2014
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783862653942
Sprache: Deutsch
Umfang: 240 S.
Format (T/L/B): 1.9 x 19 x 12.5 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Es gibt etliche Vorurteile über jugendliche Arbeitslose: Wer Arbeit will, der findet auch welche. Wer keine findet, ist zu faul oder zu dumm. Die wollen nur rumhartzen, sich auf dem Geld der Allgemeinheit ausruhen und einen lauen Lenz machen, die wollen gar nicht arbeiten. Jugendliche Arbeitslose sind niveaulos, faul, sie rauchen, sie trinken, sie setzen Kinder in die Welt wie Karnickel. Wie bei vielen Vorurteilen haben auch diese möglicherweise ein Körnchen Wahrheit in sich. Es gibt solche jugendlichen Arbeitslosen - die zu faul oder zu dumm sind, Arbeit zu finden, solche, die es gar nicht wollen. Aber es gibt auch andere. Wenn man einmal in die Mühlen des Jobcenters geraten ist, ist es gar nicht so einfach, dort wieder herauszufinden. Es gibt Maßnahmen, Praktika, es gibt Wartezeiten und Vorschriften. Das alles gibt es aber erst, wenn denn ein Antrag vorliegt und bearbeitet wird. Manchmal mahlen die Mühlen der Ämter langsam und »Ich habe meinen Job verloren« wird zu einer Spirale, die immer weiter nach unten geht. Dieses Buch beschreibt die Tücken der Arbeitssuche und die Fallstricke der Ämter. Johanna Richter hat einen guten Schulabschluss, hat die Lehre zur Köchin in einem Sterne-Hotel mit Bravour abgeschlossen, hat eine Stelle in einer hervorragenden Hotelkette gefunden, doch dann schlägt das Schicksal zu und sie verliert am letzten Tag ihrer Probezeit den Job. In Deutschland muss niemand verhungern; wer seinen Job verliert, wird vom Amt aufgefangen und bei der Suche nach einer neuen Stelle unterstützt - das glaubt sie noch, als sie sofort einen Antrag auf Arbeitslosengeld stellt. Doch ihr Antrag geht verloren - und ohne Antrag kein Geld. Ohne Bearbeitungsnummer keinen Termin, ohne Termin keine Beratung. Unbezahlte Rechnungen häufen sich in ihrem Briefkasten, sie kann weder Miete noch Strom zahlen, geschweige denn sich etwas zu essen kaufen. »Das dauert«, hört sie wieder und wieder. »Das muss erst noch bearbeitet werden.« Sie schöpft Hoffnung, als sie ein Praktikum machen darf, erfährt so aber nur, dass die Maßnahmen des Amtes sie zur modernen Sklavin skrupelloser Betriebe macht. Mit Witz und Humor beschreibt die junge Autorin, wie sie gegen das Jobcenter, gegen Ämter und Chefs kämpft und schließlich ihr Schicksal wieder selbst in die Hand nimmt.

Autorenportrait

JOHANNA RICHTER, geboren 1991 am Niederrhein, hat eine Ausbildung zur Köchin absolviert und in einer großen Hotelkette gearbeitet. Sie kocht mit Leidenschaft, aber als Frau hat man es in der Gastronomie und gerade in der Küche nicht leicht. Im Dezember 2012 verlor sie ihren Job und geriet in die Mühlen des Jobcenters. Inzwischen hat sie vorerst ihre Berufung in der Systemgastronomie gefunden.

Leseprobe

»Ich gehe zum Empfang des ALG-I-Bereichs und nenne meinen Namen. Haben Sie einen Termin? - Nein. - Dann lassen Sie sich telefonisch einen geben. - Ich warte darauf, dass mein Antrag bearbeitet wird. - Das kann schon mal ein paar Tage dauern, sagt er unverbindlich. Die paar Tage sind inzwischen Wochen! Ich habe seit acht Wochen kein Geld mehr. - Dafür kann ich nichts. Sind Sie hier denn richtig? Hier ist die Stelle für AR-BEITS-LOSEN-GELD, für Leute, die ihre Arbeit verloren haben. Hartz IV gibts da drüben. - Ich habe meine Arbeit verloren. Vor acht Wochen. - Und Sie haben schon einen Antrag gestellt? - Ja, vor zehn Wochen. - Wirklich? - Ja, wirklich. - Ich schaue mal nach. Er starrt auf den Bildschirm, dann schüttelt er den Kopf. Es liegt keine Benachrichtigung vor. - Deshalb möchte ich mit jemandem sprechen. Ich habe inzwischen weder Strom noch Gas. Bald fliege ich aus meiner Wohnung. - Das tut mir leid. Haben Sie einen Termin? WAS? Vielleicht ist das gar kein Mensch, sondern ein Hologramm. Eine fleischgewordene Bandansage.« Johanna Richter Leseprobe
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