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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783821807744
Sprache: Deutsch
Umfang: 363 S.
Format (T/L/B): 3.5 x 22 x 13 cm
Einband: gebundenes Buch

Leseprobe

Frühling auf Fessis Das Glarnerland liegt in den Bergen, wie eine Axt im Scheit bheggt. Der Talboden ist selten breiter als einen Steinwurf oder zwei, manchmal auch nur ein Schlitz ganz ohne Boden, daneben und dahinter gehen die Felswände in die Höhe, stotzig, gar überhängend, bis in den Himmel und weiter. Einen Schlitz nennen die Eingesessenen das Tal daher auch, das eigentlich nicht eines ist, sondern zwei, oder noch eigentlicher zwar eines, das sich aber zmittst gabelt, so wie ein tanniges Wettergäbeli sich gabelt. Die beiden Äste heissen das Grosstal und das Kleintal, dabei sind in Wahrheit beides munzig kleine Täler und verlotteret dazu, und ständig troolen Trämel z’Tal und verschlagen die Hüttli, und mit dem Regen schwemmt es Steinigs durab, danach staut sich das Wasser, der Talboden ist überschwemmt und eine einzige Günte, das Fieber kommt übers Land, und am End ist das halbe Glarnerland verräblet. Oder es kommt die Pest, oder die Dürre, ständig kommt etwas, und die Glarner lernen daraus rein nüüt und machen weiter wie zuvor und bauen ihr Hüttli auch ein zweites und drittes Mal, aber fädig unter dem Lauihang oder holzen just an der Stelle, an der es schon den halben Berg z’Tal geschwemmt hat. Und immer .nden sie einen Nachbarn, der schuld ist an ihrem Elend, damit sie selbst nicht schuld sind, und besonders, wenn der Nachbar ein fremder Fötzel ist. Dann heisst es sofort, der sig mit dem Tüüfel im Bund, und ein Venediger muss den Zauber bannen, oder der fremde Fötzel wird erschlagen oder verjagt, und danach geht alles weiter wie davor, wahrscheinlich auf ewig. Und z’Trotz trieb in einem kalten Maien ein Fremder unverdrossen seine Herde Kühe vom Flachen her in den Glarner Schlitz hinein, so als warte dem Veh dort saftiges Futter. Dabei lag noch alles unter Schnee und Pflotsch, und es schneite und regnete auch am säben Tag, und wo der Fremde entlang ging, kamen die Bauern an den Weg und pfuttereten, was der Galöri sich denke, ihnen asen früh die Kühe für den Alpsommer zu bringen, als hätten sie nicht längst alles Heu verfüttert, und dass an den Hängen heuer nüüt wachse, gsäch er doch selber, sie wären mit dem eigeten Veh schon genug in der Not. Tatsächlich stägereten rings nur auf Haut und Bein abgemagerte Kühe über die Weiden, dort scharrten sie z’hürchletsen den Schnee nach einem faulen Hälmli vom Vorjahr auf. Aber der Fremde, der ein Spränzel war mit langen Scheichen und durchscheinenden Ohren, schlug stumm den Kragen hoch und beinlete an den verpfnüsleten Bauern vorbei, und erst als er Glarus erreichte, stand er kurz still. Denn da kam wieder ein Bauer an den Wegrand, einer mit einem Rücken wie ein Tenntor, doch statt zu pfutteren, fragte er, ob der Fremde nicht gschwind well auf ein heisses Kaf. unter Dach kommen, er heig gewiss den Chlummeri in den Fingern, und seine schönen Tiere wollten auch ruhen. Das war der Tschudi vom Tschudihof ob Glarus, der gleich gesehen hatte, welch buspere Kühe der Fremde vor sich her trieb, mit leichten Grinden und feinen Hörnern und breitem, appartigem Euter, und chäche Hintere hatten sie und die Ohren hoch und flammig fast wie Rehe. Und weil der Tschudi ein umsichtiger Bauer war, hatte er dem langen, zähen Winter zum Trotz noch Heu im Stock und bot dem Fremden graduus an, er well die Herde kaufen. Der Fremde meinte jedoch, die könne er nicht verkaufen, mit der müsste er selber wirtschaften, und auch den Chlummeri heig er wohl, aber sie hätten vor dem Einnachten noch so viel vor, dass es für ein Kaf. will’s Gott nicht lange. Und so dankte er nur und trieb seine Herde tiefer ins Gfogg hinein, während die Bauern zum Tschudi liefen und wissen wollten, was die zwei geschnurret hätten, und danach werweissten sie, was einer, der hier weder Hof noch Weide hatte, sein Veh in ein nüüteligs, verfrornigs Tal trieb, aus dem kein Weg führte als der, den er gekommen war.

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