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Bora

Eine Geschichte vom Wind, Roman

Erschienen am 01.07.2015
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783627002152
Sprache: Deutsch
Umfang: 256 S.
Format (T/L/B): 2.6 x 21 x 13.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Schon seit Jahren zieht es die Schriftstellerin Mara auf die kleine kroatische Insel, deren Geruch nach Sonne, Meer, Salz und Rosmarin sie ebenso liebt wie das launische Wechselspiel der Winde. Doch dieser Sommer ist anders: Stürmischer als sonst weht die Bora, und auch Maras Leben ist aus dem Gleichgewicht geraten. Eines Morgens kommt Andrej auf die Insel, ein Fotograf ohne festen Wohnsitz, der rastlos durch die Welt reist. Seine Eltern sind wie so viele Bewohner der Insel in den 60er-Jahren vor dem Tito-Regime geflüchtet und nach Hoboken, New Jersey, ausgewandert. Mara und Andrej beginnen, sich zu umkreisen, kommen sich näher, doch als Mara immer tiefer in die Geschichte von Andrejs Familie vordringt, die von Entwurzelung und der Sehnsucht nach dem Ankommen erzählt, müssen beide eine Entscheidung treffen.

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Autorenportrait

Ruth Cerha, geboren 1963 in Wien, studierte Psychologie und arbeitete als Musikerin und Komponistin mit verschiedenen Bands, bevor sie 2004 begann, Prosa zu schreiben. Nach dem Erzählband 'Der Gesang der Räder in den Schienen' (2007) und ihren Romanen 'Kopf aus den Wolken' (2010) und 'Zehntelbrüder' (2012) erschien 2015 ihr nächster Roman, 'Bora. Eine Geschichte vom Wind', in der Frankfurter Verlagsanstalt für den sie das Staatsstipendium für Literatur erhielt.

Leseprobe

'An einem solchen Morgen sah ich ihn zum ersten Mal. Es herrschte Bora, dieser kalte Fallwind, der vom Karstgebirge herabstürzt, die Boote über das Meer treibt wie Nussschalen, am Hemd zerrt und die Leute verrückt macht. Der Himmel war klar, fast durchsichtig blau, ich rieb mir die nackten Arme, weil ich dummerweise keinen Pulli anhatte, auf den kurzen, krausen Wellen tanzten die Schaumkronen. Ich diskutierte gerade mit einem der Fischer über die beste Art, Tintenfisch, zuzubereiten (es war Nikola, dessen Frau ein kleines Lokal im Oberdorf betreibt), als das Halbachtboot anlegte und die Leute ausspuckte, sie gingen hinter meinem Rücken über den Pier, ich achtete gar nicht auf sie. Dann nahm ich jemanden aus dem Augenwinkel wahr, der meine Aufmerksamkeit auf sich zog, oder vielleicht spürte ich ihn eher körperlich, jedenfalls drehte ich mich mehr oder weniger mitten im Satz um, und da ging er gerade direkt an mir vorbei, keinen halben Meter entfernt, ich konnte ihn riechen, Tabak und Kardamom und noch etwas, das ich nicht definieren konnte und worüber ich dann den ganzen Tag nachdachte. Seine Kleidung war unauffällig, sandfarbene Hose, weißes T-Shirt, er war nicht sehr groß, schmal, dunkles dichtes Haar, sein Gesicht sah ich nur ungefähr zwei Sekunden. Ich stand da und sah ihm nach, seine Art zu gehen war beiläufig, als wäre er ganz zufällig da, wo er gerade war, als würde er niemals etwas planen.'