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Teenage

Die Erfindung der Jugend (1875-1945)

Erschienen am 25.09.2008, 1. Auflage 2008
29,90 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593385143
Sprache: Deutsch
Umfang: 525 S., zahlreiche s/w Abb.
Format (T/L/B): 3.7 x 23.3 x 16.1 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Wohl jede Generation glaubt von sich, sie habe Idealismus, Provokation und Tabubruch erfunden und besonders symbolisch dafür steht die Jugend. Doch ab wann wurde 'Jugend' überhaupt als eigenständiger Lebensabschnitt betrachtet? Der Kulturwissenschaftler und Musikjournalist Jon Savage beginnt im Jahr 1875 und zeigt: Über Grenzen und Generationen hinweg wurden Jugendliche mit ihrer Energie und ihrem Idealismus entweder nach Kräften kontrolliert oder ausgenutzt. Von Hollywoods Traumfabrik bis Peter Pan und der ewigen Jugend, von Wandervögeln bis zur Hitlerjugend, von den städtischen Jugendbanden bis zum umworbenen 'Konsum-Kid' gewährt das Buch faszinierende Einblicke in die Vorgeschichte des modernen Teenagers.

Autorenportrait

Jon Savage, geboren 1953, studierte in Cambridge und ist Schriftsteller, Rundfunkautor und Musikjournalist. Durch die Veröffentlichung seiner preisgekrönten Geschichte des Punk Rock mit dem Titel England's Dreaming wurde er interna-tional bekannt. Er schreibt seit über dreißig Jahren über gesellschafts- und kulturhistorische Themen, unter anderem für den Guardian und Observer. Für Teenage hat er über zehn Jahre recherchiert.

Leseprobe

Kapitel 17 Das Streben nach Vergnügen Die Bright Young People Bunty: Du wirst älter. Nicky: Gott, ja; ist das nicht entsetzlich? Bunty: Die Hölle, meine Liebe. Nicky: Komisch, dass Mutters Generation immer alt sein wollte, schon als sie jung war, und wir nun mit aller Macht jung bleiben wollen. Noël Coward, The Vortex (1924) Mitte der zwanziger Jahre besuchte Brenda Dean Paul eine Party in Mayfair zu Ehren des Ensembles von The Blackbirds, einer "Neger-Revue", die London gerade im Sturm erobert hatte. The Blackbirds vermittelte den Briten zum ersten Mal einen authentischen Eindruck von Harlem, den wilden Tänzen und heißen Jazzrhythmen und drang damit bis in die höchsten gesellschaftlichen Kreise vor. Im Verlauf der einjährigen Spielzeit waren der Star des Stücks, Florence Mills, und auch die anderen "Blackbirds" Ehrengäste auf so mancher Party der verwöhnten Londoner Jugend, die sich von Anfang an "vom Gesang und Tanz dieser farbigen Menschen" hatte faszinieren lassen. Auf die 19jährige Londonerin wirkte dieser glanzvolle Abend wie eine Offenbarung. Während eine kleine, ausgesuchte Menge zu den Klängen zweier "ausgezeichneter Pianisten" tanzte, freundete sich Brenda Dean Paul mit Florence Mills an, die sie als "Inbegriff natürlichen Charmes und Ausgeglichenheit" wahrnahm. Nachdem ihr Mills versichert hatte, auch sie hätte "in Harlem geboren sein können", fasste Dean Paul den Plan, "farbige Tänzerin" zu werden: "Ich fühlte mich bei diesen bezaubernden Menschen so ausgesprochen wohl, dass mir jede andere anwesende weiße Person äußerst geziert und beinahe schon unanständig kultiviert erschien." Die Blackbirds-Party war nur der Anfang, denn Dean Paul besuchte viele weitere Veranstaltungen: "Kostümbälle im großen Stil" und "Freak Parties". Einige davon waren streng thematisch ausgerichtet, wie David Tennants "Kommt so, wie ihr vor zwanzig Jahren ausgesehen habt", was mit einer verrückten Kinderparty endete: "Selbst die Band trug Eton-Anzüge, Eton-Kragen und Schulmützen." Weitere Freak-Partys folgten: Pyjamapartys, Griechenpartys, Russenpartys, Matrosenpartys, Mordpartys, Badepartys und so weiter. Für eine junge Frau, die aus der Klassenhierarchie herausgefallen war, war dieses Leben wie maßgeschneidert. Dean Paul war die Tochter eines Baronets und hatte als junges Mädchen unter der Schande der Scheidung ihrer Eltern gelitten. Mit 17 Jahren teilte man ihr mit, ihre Mutter könne es sich nicht erlauben, sie als Debütantin in die Gesellschaft einzuführen. Dean Paul beschloss, im Atelier ihrer Mutter zu bleiben und durch die Kontakte, die sie dort knüpfte, fand sie Zugang zu einer neuen Art von Gesellschaft, jener Mischung aus Bohemiens, Oberschicht und vergnügungssüchtigen Clubbesuchern, die man Bright Young People nannte und die im Großbritannien der zwanziger Jahre die auffälligsten Vertreter einer Jugendkultur waren. Diesen medienabhängigen Kreaturen waren Erscheinung, Charme und Eleganz von überragender Bedeutung, und Dean Paul besaß diese Eigenschaften im Überfluss. Dank ihrer natürlichen Schönheit und einer gewissen ungestümen Sorglosigkeit wurde sie eines jener Individuen, deren Präsenz den Geist einer ganzen Epoche definieren. "Jahrelang ging ich nie vor vier oder fünf Uhr morgens zu Bett", erinnerte sie sich später. Ungebremstes Vergnügen ohne Gedanken an ein Morgen war das, was sie antrieb. Im Trubel einer Freak-Party beschleunigte die Zeit und hielt inne, stand still wie auf einer der vielen Fotografien, die von den Feiernden in ihren phantastischen Kleidern existieren. Die Bright Young People waren nur eine von vielen vergnügungssüchtigen Jugendkulturen, die sich in den zwanziger Jahren in ganz Europa verbreiteten. Das Partyleben stand mit seiner Konzentration auf den Moment in direktem Gegensatz zur christlichen Moral des 19. Jahrhunderts. Außerdem konnte die Nachkriegsgeneration dadurch öffentlich und unzweideutig ihre Ablehnung der Werte ihrer Vorfahren kundtun. Idealismus war ein Schimpfwort, alle g

Inhalt

Inhalt Einleitung Erster Teil 1875-1904 1.Himmel und Hölle. Marie Bashkirtseff und Jesse Pomeroy 2.Nationalismus und Dekadenz. Die Gegenrevolution in Europa 3.Hooligans und Apachen. Jugendkriminalität und Massenmedien 4.Ein Blick in den Himmel. L. Frank Baum und die Traumlandschaft Oz 5.Das amerikanische Jahrzehnt. G. Stanley Hall und das Jugendalter Zweiter Teil 1904-1913 6.Peter Pan und die Boy Scouts. Die Jugend im britischen Empire 7.Freshmen und Fabrikfutter. Die amerikanische Jugend und die Industrie 8.Wandervögel und Neuheiden. Die Naturbewegungen in Europa ?9.Nickelodeons und "Tiertänze". Die amerikanische Traumökonomie Dritter Teil 1913-1919 10.Appell. Der europäische Generationenkonflikt 11.Opfer. Die Kriegstoten und der Kampf Jung gegen Alt 12.Der Jahrgang 1902. Jugendkriminalität und Weltkrieg 13.Jazzbands und der "Mord an den Melodien". Die amerikanische Jugend erobert Europa Vierter Teil 1919-1929 14.Nachkriegsschrecken. Die Fascisti, die deutschen Bünde und The Woodcraft Folk 15.Sheiks und Shebas. Die amerikanische Vermarktung der Jugend 16.Der Aschenbrödel-Komplex. Die Probleme der amerikanischen Massenkultur 17.Das Streben nach Vergnügen. Die Bright Young People Fünfter Teil 1929-1939 18.Soldaten einer Idee. Die Hitler-Jugend 19.Die Armee der Kinder und der New Deal. Amerikanische Jugendliche während der Depression 20.Biff Boys und die rote Gefahr. Die Polarisierung der britischen Jugend 21.Jitterbugs und Ickies. Amerikanischer Swing und jugendliches Konsumdenken Sechster Teil 1939-1943 22.Eroberer und Herrscher. Die Hitler-Jugend im Krieg und zu Hause 23.Widerwillig wehrpflichtig. Die britische Jugend im Krieg 24.Sub-Debs und GIs. Amerikanische Jugendliche in Schule und Uniform 25.Deutsche Swings und französische Zazous. Swing im Europa der Nationalsozialisten 26.Zoot-Suiters und Victory Girls. Amerikanische Unruhe 1943 Siebter Teil 1943-1945 27.Die friedlichen Invasoren. Amerikanische Soldaten und die britische Jugend 28.Helmuth Hübener, die Weiße Rose und Anne Frank. Widerstand gegen die Nazis 29.Der Teenager ist da. Die Zeitschrift Seventeen 30.Die Stunde null. Der Triumph des Teenagers Danksagung Anmerkungen Literatur Personenregister Sachregister Bildnachweise