Beschreibung
Biblische Geschichte - spannend wie ein Krimi Das letzte Jahr im Leben des Paulus aus Tarsus aus einem ganz neuen Blickwinkel nacherzählt Lebendig und fesselnd erzählte Geschichtsforschung Ein Buch in der Tradition des erfolgreichen Longsellers 'Der Schatten des Galiläers' Wer die neutestamentliche Apostelgeschichte liest, erfährt, dass Paulus ursprünglich Saulus hieß, dass er aus Tarsus stammte, von Beruf Zeltmacher war und das römische Bürgerrecht besaß. Er tat viele Wunder, wurde von Juden in Jerusalem angeklagt, von den römischen Behörden verhaftet und als Gefangener nach Rom gebracht. Keine dieser Aussagen lässt sich durch Paulus' eigene Worte bestätigen - mit einiger Wahrscheinlichkeit handelt es sich um legendenhafte Ausschmückungen der Ereignisse, auf die in den Paulusbriefen angespielt wird. Folgt man allerdings nur den sieben Briefen, die die meisten Exegeten heute für echt halten (Röm, 1/2 Kor, Gal, Phil, 1 Thess, Phlm), dann lässt sich diese Geschichte auch ganz anders erzählen. David Trobischs fesselnde Erzählung folgt den Ereignissen der letzten 12 Monate im Leben des Apostels Paulus, wie sie sich aus den sieben genannten Paulusbriefen rekonstruieren lassen. Dabei vermittelt er ein lebendiges und intimes Bild einer schwer zugänglichen und widersprüchlichen Persönlichkeit. Zahlreiche Fragen, die die Paulusforschung offen lässt, beantwortet er vielfach ganz anders, als dies die Apostelgeschichte tut.
Leseprobe
Lieber Kollege, immer wieder haben Sie mich zu überzeugen versucht, dass die Studentinnen und Studenten, die meine Lehrveranstaltungen zu Paulus belegt haben, ein Recht darauf haben, nicht nur meine Meinung zu exegetischen Einzelheiten zu erfahren, sondern auch meinen Gesamtentwurf kennenzulernen. Ich bin nun Ihrer Anregung nachgekommen und lege Ihnen meine Sicht der Ereignisse, die die letzten zwölf Monate im Leben des Apostels bestimmten, in erzählender Form bei. Im Anhang finden Sie eine Landkarte, in der die Stationen seiner letzten Reise verzeichnet sind, wie sie sich mir aus der Lektüre seiner Briefe ergeben. Mit freundlichen Grüßen, Professor Dr. David Trobisch Liebe Louise, Ich habe Deine Bitte gehört und die Freiheit eines Erzählers genutzt, um in meiner Version der Geschichte des Paulus auch den Glauben an die Weiblichkeit Gottes zu beschreiben, der die Frömmigkeit so vieler Menschen in der Antike bestimmte und Teil Deiner spirituellen Praxis geworden ist. Was ich über diese Kulte weiß, basiert auf der Auslegung archäologischer Funde und Inschriften, der Beschreibung von Ritualen in der spätantiken Literatur und den Gebeten, die erhalten sind. Liebe Grüße, Dein David VON DAMASKUS NACH ANTIOCHIEN Damaskus An Korinther (2 Kor 11,32-33) In Damaskus befahl der Statthalter des Königs Aretas, die Stadt Damaskus zu durchsuchen, um mich zu verhaften. Aber ich bin in einem Korb durch eine Öffnung in der Mauer hinuntergelassen worden und so seinen Händen entkommen. Aprilis 11 = Nisan 10, zweiter Tag der Woche Titus kämpfte sich über den überfüllten Marktplatz und erreichte die Straße, die die Römer Die Gerade nannten. Er folgte der gewaltigen Stadtmauer ein Stück und bog dann nach rechts in eine enge Gasse ab. Vor den Tavernen, die sich hier aneinanderreihten, standen Sklaven und riefen in die Menge, was die Köche an diesem Abend anzubieten hatten: 'Frische Schafsaugen, gekocht in Milch!' 'Gegrillte Nachtigallzungen!' 'Käsegebäck in Honig!' Doch die vielen Männer in der Gasse kamen nicht, um zu essen, sie kamen wegen der Frauen. Vor der Taverne Zu den drei Schwestern blieb Titus kurz stehen und sah sich um. Dann huschte er, seinen Anweisungen folgend, um die Ecke zum Nebeneingang, der Kunden vorbehalten war, die Diskretion zu schätzen wussten und gerne dafür bezahlten. Wie befohlen, klopfte er dreimal, wartete einen Augenblick, und klopfte noch zweimal. Die Tür öffnete sich, und ein schwarzer Mann, dessen Wangen und gewaltigen Oberarme mit Narben verziert waren, ließ ihn ein. Titus stürmte die Treppe hinauf. Wie die meisten exklusiven Bordelle von Damaskus, war auch dieses ein Teil der Stadtmauer. Das Obergeschoß bestand aus einer einzigen Kammer, dessen rundes Fenster nach Westen ausgerichtet war. In der Mitte des Raumes stand ein kleiner, magerer Mann, barfuß und nur mit einem Lendentuch bekleidet. Neben ihm zündete Herodias, die Frau, von der Titus wenige Stunden zuvor gekauft worden war, gerade eine Fackel an. Herodias war es auch gewesen, die ihm befohlen hatte, kurz vor Sonnenuntergang hierher zu kommen. Titus schätzte sie auf ungefähr sechzig Jahre. Ihre leicht gelockten Haare waren dunkel, zeigten hier und da aber auch das Silbergrau des Alters, sie trug ein weißes, aufwendig besticktes Wollkleid, und über ihrem wohlgenährten Bauch wölbte sich ein ausladender Busen. 'Das ist dein neuer Diener', sagte Herodias zu dem halbnackten Mann. Dann wandte sie sich an Titus: 'Das ist mein kleiner Bruder, dein neuer Herr.' Titus kniete nieder und beugte sich vor, bis sein Kopf den Boden berührte. 'Sag was', befahl Herodias. 'Paulus kann nicht sehen.' Titus blieb auf den Knien, hob aber langsam den Kopf. Sein neuer Herr starrte ihn mit rot geränderten Augen an. Er hatte eine Glatze, die von wenigen grauen Haaren umrahmt war, und trug einen dichten, weißen Bart, der sein schmales Gesicht etwas runder wirken ließ. 'Dein getreuer Sklave meldet sich zu Diensten', brachte Titus schließlich h