Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783446203495
Sprache: Deutsch
Umfang: 287 S., 16 farbige Illustr., 16 Illustr.
Format (T/L/B): 2.2 x 18 x 11.5 cm
Einband: Leinen
Beschreibung
Der Pianist als Dichter: Mit seinen komischen und grotesken Versen baut Alfred Brendel eine luftige Brücke zwischen Sinn und Unsinn. So wird bei ihm Beethoven (der, was auch ziemlich unbekannt ist, ein Neger war) als Mörder von Mozart entlarvt oder die bewegende Frage erörtert, was geschah, als Brahms sich in den Finger geschnitten hatte. In Brendels Gedichten - von denen sämtliche in diesem Band versammelt sind - kommt alles und jeder zur Sprache, sogar ein Speckschwein, das am Telefon grunzend seine Lebensgeschichte erzählt.
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Leseprobe
Engel und Teufel I Im Paradies angekommen fragen wir uns skeptisch bis zum letzten Was geht hier eigentlich vor Taube dürfen hier Musik hören Musiker müssen aufspielen Stumme haben sprechen gelernt Redende beginnen zu lallen Die Lahmen laufen wie die Wiesel wenn sie nicht in der Luft herumfliegen Wir Machtlosen bleiben machtlos etwas elegisch geben wir uns damit zufrieden sehen zu wie Häßliche schön werden Engel mit geschwärzten Flügeln vom Himmel fallen und die Schlange am Baum uns entgegenzüngelt Aus den Schlupflöchern des Himmels kriechen sie noch leicht benommen stoßen vogelblind an Fensterscheiben umflattern golden rötlich oder nachtblau das Klavier fressen die Fliegen und betten sich schön wie Päonien auf unseren Kissen zur Ruhe zitternd vor Kälte mit den Flügeln das Haupt bedeckend Daß es Teufel im Grunde gar nicht gibt hat uns kürzlich der Leibhaftige selbst verraten Wir haben dies betrübt zur Kenntnis genommen und beschlossen in Zukunft uns selbst an die Wand zu malen [. ] Götter und Monstren Ode Großmächtiger Initiator alter Kriegstreiber Füllhorn der Güte und des Glücks Obermonster Himmelspenis kosmische Gebärmutter kleinster gemeinsamer Nenner Auge das alles sieht und nichts wahrnimmt Du entziehst Dich glänzt durch Abwesenheit Music Minus One Tonart ohne Grundton Variationen ohne Thema Salz ohne Suppe Maul ohne Zunge Doch fürchte nichts wir bleiben loyal blicken auf zu Dir unserer Schöpfung als seist Du oben schmähen nur Dich allein unser letales Ozonloch unser persönliches maßgeschneidertes Chaos das Flattern eines Schmetterlings im Urwald [. ] Buddhas und Weihnachtsmänner Der sanfte Buddha in seinem Fett ruhend triefend manchmal bei heißem Wetter in Zufriedenheit erstarrt was geschah daß er plötzlich aufsprang vor Wut brüllend hüpfend auf einem Bein bevor er zu Boden fiel aufklatschend mit seinen tausend heilbringenden Armen rudernd bis sie sich heillos verfingen ein Zornknäuel hilflos auf dem Rücken zappelnd Die einen wissen was geschah ein Schlangenbiß in den Fuß die anderen wissen es besser auf einer Hornisse sei ein Gesäß zum Sitzen gekommen In Wahrheit hielt er den Frieden nicht mehr aus Heiligsein ist anstrengend Nun liegt er da und seine Schüler entfernen den Schaum von seinem Mund entwirren voller Entsetzen seine ineinander verschlungenen Arme und warten darauf daß der heilige Zorn verraucht das Mondgesicht sich glättet der Göttliche wieder so dasitzt wie man es von ihm erwarten darf schweigend die Hände gefaltet die Augen halb geschlossen unverrückbar Leseprobe