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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783446202108
Sprache: Deutsch
Umfang: 272 S.
Format (T/L/B): 2.6 x 21 x 13.4 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Bestseller-Autor Jostein Gaarder, dessen Bücher, u. a. "Sofies Welt", ein Millionenpublikum haben, erfreut seine Leser mit einem neuen Roman für Erwachsene. Er spielt in der Welt der Literatur und Bücher. Ein Mann, dem die Geschichten zufliegen, verkauft seine Stories, und er hat viele Abnehmer. Als einige Autoren zu ahnen beginnen, dass sie nicht die einzigen Kunden sind, glaubt er sich verfolgt.

Autorenportrait

Jostein Gaarder, 1952 in Norwegen geboren, studierte Philosophie, Theologie und Literaturwissenschaften. Er war lange Philosophielehrer und lebt heute als freier Schriftsteller in Oslo. Sein Roman Sofies Welt (1993) wurde in über 50 Sprachen übersetzt. Zuletzt erschienen von ihm Ein treuer Freund (Roman, 2017) und Genau richtig (2019). 2023 folgt Ist es nicht ein Wunder, dass es uns gibt? Eine Lebensphilosophie.

Leseprobe

Auf dem Weg durch Aurlandsdalen kam mir ein Gedanke. Er war mir ganz neu und hing damit zusammen, daß ich kurz zuvor im Club 7 einen jungen Autor kennengelernt hatte. Er war nur vier oder fünf Jahre älter als ich. Ich hatte ihn zu einer Flasche Wein eingeladen, und wir hatten uns einen ganzen Abend lang unterhalten. Er trug zwar eine fetzige John-Lennon-Brille, die richtige Menge Haare und Bart und einen korrekt verschlissenen Cordanzug, aber er war noch mindestens ebenso kindlich wie meine Altersgenossen, die Abiturienten. Ich zog eine Notiz hervor, die ich mir früher an diesem Tag gemacht hatte, es handelte sich um drei oder vier dicht beschriebene Seiten mit einem raffinierten Romansujet. Ich ließ ihn meinen Text überfliegen, und er war begeistert. Er musterte mich neidisch, dann überschüttete er meinen Entwurf mit wildem Lob. Was mich nicht überraschte: Ich wußte, daß die Romanidee großartig war. Trotzdem machte es mir keine Freude, gelobt zu werden, schon gar nicht von einem so jungen und unerfahrenen Autor; deshalb hatte ich ihm meine Notizen nicht gezeigt. Wenn du den Wein bezahlst, kannst du die Idee haben, sagte ich. Er glotzte mich an. Ich verspreche dir, niemandem zu erzählen, woher du sie hast, aber das kostet dich den Wein und fünfzig Kronen. Er gab mir das Geld zurück, das ich bereits für den Wein bezahlt hatte, und legte noch einen Hunderter dazu. Im Club 7 mußte der Wein bezahlt werden, bevor die Flasche geöffnet wurde. Als ich das Geld einsteckte, entdeckte ich Meter. Er stolzierte wütend zwischen den Tischen einher, fuhr vor unserem Tisch herum und drohte mir mit dem Stock. Heute ist der junge Mann mit der John-Lennon-Brille einer der führenden Autoren des Landes, vor nicht allzu langer Zeit wurde sein fünfzigster Geburtstag gefeiert. Ich bin ihm später noch viele Male begegnet, inzwischen fließen mir zehn Prozent der Honorare aus seinen Buchverkäufen zu. Aber das wissen nur er und ich. In Aurlandsdalen blieb ich lange vor einem großen Hexenkessel stehen, der Vetlahelvete genannt wird, Kleine Hölle; hier ging mir zum ersten Mal auf, daß ich mir mit meinen vielen Ideen vielleicht doch meinen Lebensunterhalt verdienen könnte. Mit ihnen besaß ich etwas, das vielen anderen nicht gerade zuflog. Ich war nicht eitel und wollte auch nicht berühmt werden, aber ich brauchte Geld und hatte nicht vor, mir einen Sommerjob zu suchen. Nach dem 15. September würde ich zudem über keinerlei Einkommen mehr verfügen, das hatte mein Vater absolut klargestellt. Ich würde sicher studieren, hatte er gesagt, und alle Studenten hätten Anspruch auf ein Studiendarlehen. Vater wußte nicht, daß ich von einem Studiendarlehen niemals würde leben können, schon die Kosten für die Mädchenbesuche sprengten den Rahmen dessen, was ich von der staatlichen Darlehenskasse erwarten konnte. Wenn ich kein Geld hätte, könnte ich mich außerdem nicht mehr frei bewegen. Diese Vorstellung sagte mir überhaupt nicht zu. Meine plötzliche Eingebung streifte mich eigentlich nur kurz, so, wie Eingebungen eben durch unser Bewußtsein jagen. Wenn ich es überhaupt erwähne, dann nur, weil ich so genau Zeit und Ort des ersten Auftauchens meiner Idee nennen kann. Sie kam mir, als ich in die Vetlahelvete hinunterstarrte. Ich weiß noch, daß ich sie gut fand, mehr noch: ich hielt sie für eine Metaidee, eine Idee, die alle anderen Ideen, die ich je gehabt hatte, umfaßte und ihnen den gebührenden Platz zuwies. Heute läge es nahe, diese Wanderung durch Aurlandsdalen als Ausgangspunkt für meinen Pakt mit dem Teufel zu betrachten.

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