Beschreibung
Geben oder Nehmen? Zwei ungleiche Schwestern auf der Suche nach Glück und Erfüllung. Bridget und Meghan Fitzmaurice sind Schwestern, und doch könnten sie verschiedener nicht sein. Die eine mochte sich lange nicht entscheiden, was sie aus ihrem Leben machen will, und ist jetzt glücklich als Sozialarbeiterin. Die andere führt ein Leben auf der Überholspur, nicht nur, dass sie geheiratet hat, einen Sohn großzieht, und scheinbar glücklich verheiratet ist, sie ist auch Showmasterin einer populären Fernsehshow. Als Meghan eines Tages vor laufender Kamera einen großen Fehler macht, werden die Karten für das Schwesternpaar noch einmal ganz neu gemischt ...
Leseprobe
Von Zeit zu Zeit fragt mich jemand, wie ich es eigentlich ertrage, in New York City zu leben. Manchmal passiert mir das im Urlaub, wenn ich gemeinsam mit Sonnenverbrannten und Halbbetrunkenen in einer Cafeteria anstehe; manchmal bei Konferenzen, wenn ich in einer Ecke des Tagungsraumes im Hotel inmitten einer Gruppe Sozialarbeiterinnen, von denen die meisten diese typischen wallenden Röcke und klimpernden Ohrringe tragen, einen Kaffee trinke. Und auch die Freundinnen meiner Tante stellen mir diese Frage, obwohl sie nur eine halbe Autostunde den Saw Mill Parkway hinauf wohnen - und dennoch in einer pastoralen Isolation leben. Selbst in New York höre ich bisweilen diese Frage von den alten Männern auf der auf Holzpfählen ruhenden Strandpromenade von Coney Island, jenen Männern, die schon bei der Bar-Mizwa-Feier von Irving Lefkowitz dabei gewesen waren und die von ihren Sitzbänken am Strand von Brooklyn die lange, schmale Landspitze Manhattans als eine urbane Titanic betrachten, die unter der Last von Kriminellen, Homosexuellen und Gottlosen dem Untergang geweiht ist und gewisslich einer Katastrophe entgegensteuert. 'Und warum wohnen Sie dort, meine Teuerste?', hat mich einmal einer von ihnen gefragt. Er schielte und bekam den Mund gar nicht mehr zu; sein Hals ragte so lang aus dem V-förmigen Ausschnitt seiner verfilzten Strickjacke hervor, dass er aussah wie eine Galapagosschildkröte in einem karierten Panzer aus Kunstfaser. Wenn mir nicht nach langem Reden ist, zucke ich dann einfach nur die Achseln und sage, dass es mir dort gefällt. Aber manchmal, wenn ich schlechte Laune oder etwas zu tief ins Glas geschaut habe, was oft auf dasselbe hinausläuft, sage ich, ich würde in New York wohnen, weil es der Mittelpunkt des Universums sei. Doch meistens beschränke ich mich darauf zu erklären, dass meine Schwester dort wohnt und ich nahe bei ihr und ihrem Mann sein möchte, der wie ein Bruder für mich ist, und natürlich ihrem Sohn, den ich insgeheim zumindest zum Teil als meinen eigenen betrachte. Diese Antwort befriedigt die alten Männer in der Regel; sie geben dann ein summendes Geräusch der Anerkennung von sich und nicken mit ihren kahlen, gesprenkelten Köpfen. Ein braves Mädchen. Eine Person mit Familiensinn. Dann blicken sie verstohlen zu Irving hoch. Die nächste Frage wird die nach unserer Ehe sein. Wir entschuldigen uns, indem wir erklären, dass wir einen Hot Dog essen wollen. Mir gefällt's hier. Es ist der Mittelpunkt des Universums. Und es stimmt, dass ich gerne in der Nähe meiner Schwester bin. So ist es immer schon gewesen. Wir haben unsere Rituale. Jeden Samstagmorgen - vorausgesetzt, sie berichtet nicht gerade über die Olympischen Spiele, die Oscarverleihung, eine Katastrophe oder eine Amtseinführung - laufen wir zusammen im Park und frühstücken anschließend entweder bei ihr oder beim Griechen unten bei mir auf der Straße. Sie beklagt sich immer, wenn sie meinetwegen langsamer laufen muss, weil ich nicht genügend für meine Fitness tue. Sie ist überzeugt davon, dass ich im Grunde meines Wesens ein Faultier bin. Für mich ist es einfach sinnbildlich für unsere Beziehung. Unsere Tante Maureen erzählt immer, als Kleinkind wäre ich so plump und phlegmatisch gewesen, dass ich wohl nur laufen gelernt hätte, um meiner älteren Schwester folgen zu können. In einer meiner frühesten Erinnerungen gehe ich in einer von schlanken Kiefern gesäumten Straße mit alten Siedlerhäusern im holländischen Stil einer Gruppe achtjähriger Mädchen hinterher, von denen mir eine etwas zuruft, was der Wind dann zu mir trägt: 'Bridget! Geh nach Hause! Geh jetzt sofort nach Hause! Du darfst nicht mit uns mit!' Ich gerate immer ein wenig aus der Puste, wenn ich Samstagmorgens mit Meghan jogge. Aber ich bin das inzwischen gewohnt. 'Sperr die Ohren auf, und merk dir alles', hat sie seit Highschoolzeiten zu mir gesagt, und ich habe mich stets daran gehalten. 'Ist es nicht witzig, dass wir beide gestern Abend au ...