Beschreibung
Ich saß, vom Fels bedachet, Vertieft in alte Rollen, Aus denen an mich lachet' Ein ganzer Himmel alles Rätselvollen. Ich mußte oft sie auf die Seite legen, Weil gegen Wunsch und Wollen Ich lesen nicht gekonnt vor Herzensschlägen. Da rauscht' es in den Sträuchern, Und Flöten, Cymbeln klungen, Arabisch Balsamräuchern Ist vom Gestäud' zu meinem Platz gedrungen. Gleich sprangen aus dem Busch mit keckem Tritte Drei muntre kleine Jungen, Schwarz, weiß die ersten zwei und braun der dritte. Sie schlugen an die Becken, Und einer spielte Flöte. Es folgt' auf schlanker Schecken Ein Mägdlein, lustig wie die Morgenröte. Bunt Florgewand und Schmelz und Schleif' am Mieder, Band, Quast' und Pausch erhöhte Den Schmeichelreiz der leichtgeschwungnen Glieder.
Autorenportrait
Karl Immermann war Sohn des Kriegs- und Domänenrats Gottlieb Leberecht Immermann. Von 1807 bis 1813 besuchte er das Pädagogium des Klosters "Unser Lieben Frauen" in Magdeburg. Danach studierte er von 1813 bis 1817 an der Universität Halle-Wittenberg Jura und nahm 1815 während des Studiums als Freiwilliger am Krieg gegen Napoléon Bonaparte teil. 1817 wurde Immermann erstmals literarisch aktiv, als er die schlagende Verbindung "Teutonia" in Halle im Zusammenhang studentischer Auseinandersetzungen bis hin zum preußischen Thron polemisch attackierte. Seine in diesem Zusammenhang entstandene Schrift "Ein Wort zur Beherzigung" (1817) wurde auf dem Wartburgfest ein Opfer der Bücherverbrennung.[1]