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Die Geschichte des Sitting Bull.

Erschienen am 21.03.2016
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783938305959
Sprache: Deutsch
Umfang: 216 S., 63 farbige Illustr.
Format (T/L/B): 2.7 x 24.9 x 18 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Der zehnjährige David vom Stamm der Sicangu Lakota kennt Tatanka Iyotake, besser bekannt als Sitting Bull, nur als eine mythische Gestalt seines Volkes. Als er seinen Großvater besucht, erfährt er von ihm die wahre Geschichte des berühmten Häuptlings und Medizinmanns der Lakota. Am Lagerfeuer des alten Mannes taucht er ein in eine längst vergangene Zeit, in die faszinierende Welt des amerikanischen Westens - die spannende Lebensgeschichte Sitting Bulls. In dieser großartig illustrierten, auf historischen Tatsachen beruhenden Erzählung für Jung und Alt wird die wechselvolle Geschichte des Jägers, Sonnentänzers, Kriegers, Geheimnismanns, Kriegshäuptlings und Showmanns Sitting Bull zu neuem Leben erweckt.

Autorenportrait

Erik Lorenz, geboren 1988 in Berlin, veröffentlichte im Palisander Verlag eine Biographie von Liselotte Welskopf-Henrich (2009), ein Nachwort zur Pentalogie »Das Blut des Adlers« (2013) sowie ein Nachwort zur E-Book-Ausgabe von »Die Söhne der Großen Bärin« (2015). Er ist zudem Autor und Herausgeber von Reiseliteratur.

Leseprobe

Gold! Für einige Sommer und Winter ziehen die Hunkpapa-Lakota wieder ungestört durch ihre Jagdgründe. Keine Wasichu dürfen sich mehr in den Schwarzen Bergen aufhalten, und Tatanka Iyotake und seine Leute bleiben unbehelligt. Die Männer reiten wilde Ponys zu, lehren ihre Söhne das Fährtenlesen und erlegen Hirsche, Bären, Elche und anderes Wild. Die Frauen stellen aus den Knochen Werkzeuge und aus der Haut Mokassins, Kleider und Taschen her und besticken sie kunstvoll. Sie sammeln in den Wäldern Beeren und graben nach süßen Wurzeln. Ihr helles Gelächter schallt durch das Dorf. Die Kinder raufen miteinander, laufen um die Wette und üben sich im Bogenschießen. Die Kriegerbünde halten ihre Feste ab, immer wieder ertönt die Tanztrommel, und es erklingen die alten Gesänge. Tatanka Iyotake ist glücklich. Es scheint, als hätte sich das Blatt gewendet. Er hat wieder geheiratet, erst die Witwe Die Von Ihrem Volk Gesehen Wird, später deren ebenfalls verwitwete Schwester Vier Kleider. Beide bringen jeweils einen kleinen Sohn mit in die Ehe, und beide gebären Tatanka Iyotake eigene Kinder. Doch die Zeit des unbeschwerten Glücklichseins währt nicht lange. Schon nach wenigen Jahren kehren die Wasichu in die Schwarzen Berge zurück. Sie haben Gold entdeckt! Ein General namens George Armstrong Custer führt 1874 eine Expedition in die Black Hills, die am French Creek Gold findet. In Scharen strömen nun Goldsucher und andere Abenteurer herbei. Und all dies geschieht in dem Gebiet, das Tatanka Iyotake und seinem Volk am heiligsten ist und das den Indianern vor nur sechs Jahren im Vertrag von Laramie für alle Zeiten zugesichert wurde. Wenngleich er den Vertrag nicht selbst unterschrieben hat, fordert Tatanka Iyotake die Blauröcke auf, das Abkommen zu erfüllen und die Goldsucher davon abzuhalten, in die Schwarzen Berge einzudringen. Aber es sind ihrer zu viele, die vom Goldrausch besessen sind. Die Soldaten, die halbherzig der Aufforderung nachkommen, scheinen machtlos: Für jeden Goldsucher, den sie heimschicken, kommen drei neue, bis es nach ein paar Monaten Tausende sind, die in den Schwarzen Bergen nach Gold schürfen. Nun bieten die Wasichu an, den Indianern die Schwarzen Berge abzukaufen. Tatanka Iyotake lehnt empört ab: Wie könnte er die heiligen Berge hergeben für bedrucktes Papier der Wasichu? Das Land gehört nicht ihm - es gehört dem ganzen Volk der Lakota. Er fürchtet zwar, dass die Bleichgesichter ein Nein nicht akzeptieren werden, aber sein Entschluss ist unerschütterlich. Schnell stellt sich heraus, dass das meiste Gold - unvorstellbare Mengen! - tief in den Eingeweiden der Berge verborgen ist und durch Bergbau erschlossen werden muss. Aus diesem Grund sollen schnellstmöglich neue Eisenbahnlinien gebaut werden. Die amerikanische Regierung versucht nicht einmal mehr, den Vertrag von Laramie auch nur zum Schein einzuhalten. Ihr Goldhunger ist unermesslich. Tatanka Iyotake zögert nicht mehr, als er von diesem endgültigen Wortbruch der Weißen erfährt. Mit vierhundert Kriegern will er eine noch größere Anzahl Blauröcke angreifen, die Vermesser für eine Eisenbahnlinie beschützen sollen. Am späten Abend greifen mehrere Hunkpapa- und Brulé-­Krieger voreilig das Lager an, ohne dass der Häuptling den Befehl hierzu erteilt hätte. Die ganze Nacht über kommt es immer wieder zu Schusswechseln. In den frühen Morgenstunden zeigt sich, dass die Langmesser sich mittlerweile gut verschanzt haben und es schwierig sein wird, sie zu bekämpfen. Tatanka Iyotake und Tashunka Witko stehen auf einem Hügel, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Sie sehen mit Erstaunen, dass mehrere junge Krieger ungestüm vor den feindlichen Reihen auf und ab reiten, Schüsse in Richtung der Langmesser abfeuern und sich nicht im mindesten um deren Kugeln kümmern, die sie mehrmals nur um Haaresbreite verfehlen. »Versucht nur, die Lakota auf ihren schnellen Pferden zu treffen!«, ruft einer von ihnen. Plötzlich holt eine Kugel der Blauröcke einen der Krieger von seinem Pferd. Die Wasichu holen die Leiche und werfen sie auf ein Lagerfeuer. Tatanka Iyotake presst die Zähne aufeinander. Er ist außer sich vor Wut über diese Schändung eines toten Kriegers. Zugleich ärgert es ihn, dass immer noch junge Krieger vor den feindlichen Linien hin und her reiten, um ihren Mut zu beweisen. Als einer von ihnen zurückkehrt, um sich von seinen Stammesbrüdern bejubeln zu lassen, fährt Tatanka Iyotake ihn an: »Was fällt dir ein, dein Leben so leichtfertig aufs Spiel zu setzen?« Der junge Krieger ist überrascht, dass der Häuptling ihn für seine Tapferkeit tadelt. »Gelber Fluss hat einen Traum gehabt«, erklärt er. »Jeder Krieger, der vor den Gewehren der Blauröcke auf und ab reitet, ist in eine unsichtbare Decke gehüllt, die keine Kugel durchdringen kann. Mir kann nichts passieren. Ich beweise es dir!« Der Krieger will in Richtung Blauröcke zurückreiten, doch Tatanka Iyotake ruft: »Halt! Du hast deinen Mut bewiesen. Es reicht.« Er lässt seinen Blick über die Krieger in der Nähe streifen, die ihn beobachten. »Ihr alle habt euren Mut bewiesen! Setzt nicht weiter euer Leben aufs Spiel.« Der Krieger Gelber Fluss, der die besagte Traumvision gehabt hatte, tritt vor Tatanka Iyotake. »Sollen wir uns denn wie Feiglinge vor den Kugeln der Langmesser verstecken?«, fragt Gelber Fluss herausfordernd. »Hat der große Krieger Tatanka Iyotake etwa Angst?« Tatanka Iyotake mustert die jungen Krieger einen nach dem anderen. Gelber Fluss sieht nun nicht mehr so angriffslustig aus, wenngleich er versucht, sich den Anschein von Selbstsicherheit zu geben. Ihm ist erst jetzt klar geworden, dass seine Beleidigung einer Herausforderung zum Zweikampf auf Leben und Tod gleichkommt. Aber Tatanka Iyotake will keinen Kampf - er hat anderes im Sinn. Ohne jede Hast und wegen seiner alten Fersenverletzung leicht hinkend, geht er unter den verblüfften Blicken seiner Krieger auf die Blauröcke zu, bis er in Schussweite ihrer Gewehre ist. Er setzt sich hin und blickt sich nach seinen Kriegern um. »Kommt nur!«, ruft er ihnen herausfordernd zu. »Wer von euch möchte mit mir rauchen?« Niemand rührt sich. Sie starren nur ungläubig auf ihren Häuptling. Nach einer Weile folgen zwei Cheyenne-Krieger und Tatanka Iyotakes Neffe Weißer Bulle der Aufforderung und gehen unsicheren Schrittes durch den Kugelhagel zu ihrem Häuptling. Tatanka Iyotake holt nun in aller Ruhe seine Pfeife hervor. [.] Tatanka Iyotake stopft die Pfeife mit Tabak aus roter Weidenrinde. Mit Feuerstein und Stahl erzeugt er Funken, die den Tabak zum Glimmen bringen. Er nimmt ein paar Züge und bläst Rauch in die Luft. Die Kugeln fliegen über ihn hinweg und an ihm vorbei. Andere Kugeln treffen den Boden unmittelbar neben ihm und wirbeln kleine Staubwölkchen auf. Doch erst, als die Pfeife aufgeraucht ist, steht er auf, säubert sie gründlich und geht mit seinen tapferen Begleitern gemächlich zurück zu seinen Kriegern. Niemand spricht ein Wort. Dann gibt Tatanka Iyotake das Zeichen für den Angriff. Die Lakota kämpfen wie Wölfe - sie greifen den Gegner nicht frontal an, sondern teilen sich in etliche kleine Gruppen, die aus allen Richtungen angreifen, geschickt die Deckungsmöglichkeiten des zerklüfteten Geländes nutzend, und sich nach jedem Angriff sofort zurückziehen, um an anderer Stelle zuzuschlagen. Doch die Dragoner wissen ebenfalls zu kämpfen. Sie haben Gräben ausgehoben, in denen sie vor direktem Beschuss sicher sind, und aus ihrer Deckung heraus fällt es ihnen nicht schwer, die Angriffe zurückzuschlagen. So bleibt das Gefecht mit wenigen Opfern auf beiden Seiten unentschieden. Aber die Vermesser weigern sich, an diesem Ort weiterzuarbeiten.