Beschreibung
Wir müssen jetzt aus der Zukunft ausbrechen! Wir müssen jetzt die Lenkungs-Logik einer Big Data-animierten Selbstoptimierung durchkreuzen. Wir müssen jetzt aus der funktionalisierenden >Vernetztheit< ausbrechen und jetzt das smarte Instrumentarium unserer Erfassung und unserer zukünftigen Steuerung entlarven und angreifen. Unsere Verweigerung, am digitalen Dauersenden teilzunehmen, und unsere Selbstverteidigung gegen den digitalen Zugriff sind unzureichend bei dem Versuch, uns langfristig der vollständigen Überwachung und der weitreichenden Fremdbestimmtheit zu entziehen. Ein Gegenangriff auf die Praxis und die Ideologie der totalen Erfassung erscheint uns zwingend notwendig. Leider bedarf es dafür, soll er eine Chance haben, einer Vorhersehung zukünftiger Entwicklungen. Warten wir, bis sämtliche Erscheinungsformen und Konsequenzen des Angriffs auf unsere Sozialität (all-)gegenwärtig geworden sind, haben wir verloren. Mit Macht vorangetriebene technologische Schübe sind nur schwer und selten umkehrbar, sobald sie einmal gesellschaftlich durchgesetzt sind. Und der darüber geprägte >Zeitgeist< sorgt ab dann selbstverstärkend für die notwendige Stabilisierung, wie Ray Kurzweil, Chefingenieur von Google, bestätigt: 'Der technologische Wandel wird so schnell sein, dass das menschliche Leben unwiderruflich verwandelt wird.'
Autorenportrait
>çapulcus< sind (türkisch) >Wegelagerer< bzw. >Nichtsnutze<. Der damalige Ministerpräsident Erdogan versuchte mit dieser Bezeichnung, die Regierungsgegner*innen der breiten Revolte 2013 zu diffamieren. Statt über die Gezi-Proteste in Istanbul zu Beginn des Aufstands zu berichten, ließ Erdogan eine Pinguin-Dokumentation im Staats-Fernsehen zeigen. Der Widerstand machte daraufhin den Pinguin zu seinem Symbol. Die Revoltierenden nannten sich fortan çapulcus. Das çapulcu redaktionskollektiv ist eine Gruppe technologie-kritischer Aktivist*innen und Hacktivist*innen, die seitdem ihre Arbeit solidarisch in diesen Kontext stellt. Sie veröffentlicht Texte in verschiedenen linken Medien, bringt regelmäßig Broschüren heraus und bietet Diskussionen, Seminare und Schulungen für linke Aktivist*innen, Journalist*innen und Anwält*innen an.