Beschreibung
Wenn Architekten ein Wohnhaus für sich selbst entwerfen, ist das oftmals spannungsreiche Verhältnis zwischen Auftraggebern und Ausführenden in der Regel aufgehoben. In vielen solcher Bauten treten daher künstlerische Haltungen und politische Positionen, Vorlieben und Abneigungen, Temperament und Charakter ihrer Urheber deutlicher als bei Aufträgen anderer zutage, darüber hinaus aber auch die architektonischen Theorien, Debatten und Strömungen einer Epoche. Es finden sich gleichermaßen Traditionsverbundenheit und Bekenntnis zur Avantgarde, Experimentierfreude und Pragmatismus, ausgeprägtes Künstlertum und vom Metier des Ingenieurs geprägte Auffassungen. Und nicht zuletzt kommen die persönlichen Lebensumstände der Architekten hier zum Ausdruck oder auch die Botschaft, die den Häusern über ihre eigentliche Aufgabe hinaus zugedacht ist: als 'Manifest', als 'Selbstportrait' ihrer Erbauer, aber auch als ein Instrument der Werbung oder als Zeichen der Verbundenheit mit bestimmten Milieus oder Haltungen. Eine besondere Konnotation erfährt das Bauen für sich selbst unter den Bedingungen von Migration und Exil. Zu den prominentesten Beispielen gehören die Wohnhäuser von Rudolph Schindler in West Hollywood (1922), Richard Neutra in Los Angeles (1932), Ernst May in der Nähe von Nairobi (1937), Walter Gropius in Lincoln, Massachusetts (1938), Bruno Taut in Istanbul (1938), Ernö Goldfinger in London (1939), Josep Lluís Sert in Locust Valley, New York (1949), Max Cetto in Mexiko-Stadt (1949) und Marcel Breuer in New Canaan, Connecticut (1948 und 1951). Welchen Ausdruck konnten freiwillige Migration oder erzwungener Ortswechsel in diesen Bauten finden? Inwieweit unterscheiden sich andere Bauten der Architekten von solchen 'houses of one's own' in einem fremden Land, um eine von Virginia Woolf entliehene und abgewandelte Formulierung zu benutzen? Das Buch versammelt Beiträge international renommierter Autoren zu diesen Fragen und richtet dabei den Blick auch auf bislang weniger beachtete andere Aspekte des Themas. Burcu Dogramaci lehrt Kunstgeschichte an der LudwigMaximiliansUniversität München. Sie forscht zu Exil und Migration, Kunst und Architektur der Moderne und Gegenwart. Andreas Schätzke ist Architekturhistoriker an der Hochschule Wismar. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören Architektur und Städtebau des 20. Jahrhunderts sowie Migration und Kulturtransfer auf dem Gebiet von Architektur und bildender Kunst.
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Autorenportrait
Burcu Dogramaci lehrt Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sie forscht zu Exil und Migration, Kunst und Architektur der Moderne und Gegenwart.