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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783868276978
Sprache: Deutsch
Umfang: 247 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 19.2 x 13.2 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Die zurückgezogen lebende Musikprofessorin Wilhelmina Brewster ist ihr ganzes Leben auf Nummer sicher gegangen. Risiko, Abenteuer und Spontaneität sind Fremdwörter für sie. Doch dann lernt sie den lebenshungrigen und unternehmungslustigen Piloten Mike Dolan kennen. Eigentlich will sie ihm nur einen frommen Flyer zustecken, um sich dann wieder in ihr geordnetes Leben zurückzuziehen. Aber es kommt ganz anders: Plötzlich findet Wilhelmina sich in einem Heißluftballon-Wettbewerb wieder, sie geht mit Mike angeln und lässt sich auf allerlei andere verrückte Ideen von ihm ein. Kann es sein, dass das Leben so viel mehr bereithält, als sie bisher gedacht hat? Und kann es sein, dass sie und Mike beide voneinander lernen können, worauf es wirklich ankommt?

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Hersteller:
Francke-Buch GmbH
Stefan Jäger
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Am Schwanhof 19
DE 35037 Marburg

Autorenportrait

Lynn Austin ist eine weltweit bekannte Bestsellerautorin. Mit Titeln wie "Die Apfelpflückerin", "Luisas Töchter" oder "Im Sand der Erinnerung" schrieb sie sich in die Herzen ihrer Leser. Sie wurde für ihre historischen Romane achtmal mit dem Christy Award ausgezeichnet, dem bedeutendsten christlichen Romanpreis in den USA, und ist eine gefragte Rednerin bei Tagungen und Konferenzen. In Deutschland gilt sie als die beliebteste christliche Romanautorin. Lynn und ihr Mann haben drei Kinder großgezogen und leben in Holland, Michigan. Mehr erfahren Sie unter www.lynnaustin.org.

Leseprobe

1. Kapitel Mittwoch, den 2. September 1987 Mike Dolan schlief noch, als das Telefon klingelte. Er drehte sich auf die Seite, um auf den Wecker an seinem Bett zu schauen, und stellte erschrocken fest, dass er verschlafen hatte. Es war schon eine Stunde später als gedacht. Schläfrig wankte er in die Küche, um nach dem Wandtelefon zu greifen, während er jedes seiner fünfundsechzig Lebensjahre spürte und fast über seine vierbeinigen Mitbewohner Buster und Heinz stolperte, die ihm in die Quere kamen. Bevor er sich meldete, räusperte er sich, um den Schlaf aus seiner Kehle zu vertreiben. Hallo? Hallo, Dad. Wir haben gerade eine Last-minute-Anfrage für einen Charterflug reinbekommen. Ich bin schon für die Angelgruppe gebucht, aber willst du das übernehmen? Mike streckte die Hand aus, um Buster am Kopf zu kraulen. Um wie viel Uhr? Jetzt gleich. Sobald du hier am Flugplatz bist, geht es los. Der Typ sagt, er muss sofort nach Springfield. Aber er will, dass du dort auf ihn wartest - er sagt, er braucht eine Stunde, vielleicht anderthalb - und ihn dann wieder nach Hause fliegst. Hat er gesagt, worum es geht? Warum der Auftrag in letzter Minute kommt? Mike versuchte Zeit zu schinden, während er die Flugzeiten im Kopf überschlug. Um vier Uhr nachmittags hatte er einen Arzttermin, von dem sein Sohn nichts wissen sollte. Keine Ahnung. Aber du hast doch heute nichts vor, oder? Jedenfalls steht nichts im Kalender. Stimmt. Gut, sag ihm, ich bin in einer Stunde am Flugplatz. Mike legte auf. Je eher er seinen alternden Körper in Bewegung setzte, desto größer war die Chance, dass er bis vier Uhr zurück war. Er öffnete die Gartentür, um die Hunde hinauszulassen. Dann zog er sich schnell an. Vielleicht war dieser unerwartete Charterflug ja genau das, was er jetzt brauchte - etwas, das ihn an diesem Tag beschäftigte und seine Gedanken von dem ablenkte, was der Arzt vielleicht zu sagen hatte. Neunzig Minuten später hatte Mike die Wetterbedingungen überprüft, den Flugplan gemeldet und alle Tests durchgeführt, die er vor jedem Flug absolvieren musste. Jetzt half er Mr Blake in eines der Charterflugzeuge von Dolans Flug- service. Blake war um die vierzig, hatte eine steinerne Miene und trug einen teuren Nadelstreifenanzug. Verkrampft hielt er einen Aktenkoffer umklammert. Müssen Sie geschäftlich nach Springfield?, fragte Mike. Mit den Jahren hatte er gelernt, dass es manchmal half, nervösen Fluggästen die Angst zu nehmen, wenn man mit ihnen plauderte. Es ist privat. Blake legte den Sicherheitsgurt an und öffnete seinen Aktenkoffer, ohne Mike auch nur eines Blickes zu würdigen. So wie er seine Unterlagen aus dem Koffer holte, um darin zu lesen, hatte Mr Blake kein Interesse an einer Unterhaltung. Es müsste eigentlich ein schöner, ruhiger Flug werden, sagte Mike, während er seinen eigenen Sicherheitsgurt befestigte. Und ein toller Ausblick. Die Blätter an den Bäumen verfärben sich schon. Ich werde es nie leid, sie aus der Luft zu betrachten. Er rangierte, beschleunigte die Maschine und hob ab, ohne eine Antwort zu erwarten. Er erhielt auch keine. In Springfield wartete schon ein Mietwagen mit laufendem Motor auf Mr Blake. Ist es in Ordnung, wenn ich den Aktenkoffer im Flugzeug lasse?, fragte Blake, während er an dem kleinen Rädchen drehte, um den Koffer zu verschließen. Klar. Das Flugzeug und ich werden hier auf Sie warten. Blake sah auf seine Uhr. Als er Mike darüber informiert hatte, dass er in maximal neunzig Minuten zurück sei, fuhr er davon. Zum ersten Mal, seit er heute Morgen das Haus verlassen hatte, musste Mike an seinen Arzttermin denken. Dabei zog sich sein Magen zusammen. Er rückte seine Base- ballkappe zurecht und schlenderte in den Hangar, um jemanden zu suchen, mit dem er eine Runde plaudern konnte. Neunzig Minuten später, beinahe auf die Sekunde genau, hielt der Mietwagen mit quietschenden Reifen. Wieder war Blake während des gesamten Fluges in seine Papiere vertieft und schien den weiten blauen Himmel über ihnen oder die in bunte Herbstfarben getauchten Hügel unter ihnen gar nicht zu bemerken. Erst als sie gelandet waren, sprach er wieder. Es könnte sein, dass ich Ihre Dienste noch einmal kurzfristig in Anspruch nehmen muss, sagte er. Ich weiß noch nicht wann. Dann sah er auf seine Armbanduhr. Man sagte mir, mein Vater werde bald sterben. Zur Beerdigung muss ich noch einmal hin- und zurückfliegen. Das tut mir sehr leid, sagte Mike. Den Vater zu verlieren - das ist hart. Er hätte gerne gefragt, wie lange Mr Blakes Vater schon krank war und ob die beiden sich nahestanden und wie er die tragische Nachricht verkraftet habe. Er suchte in der Miene des anderen Mannes nach Anzeichen der Trauer. Er würde ihm bereitwillig zuhören, falls Mr Blake reden wollte. Stattdessen sah er nur kalte Ungeduld. Der Zeitpunkt ist wirklich denkbar ungünstig, knurrte er. Ich habe im Moment schrecklich viel Arbeit. Heute Morgen habe ich deswegen sogar eine wichtige Sitzung verpasst. Mike wollte gerade sagen, dass der Tod kaum jemandem gelegen kam, aber er verkniff sich die Bemerkung. Ich nehme an, Ihre Arbeit ist sehr wichtig, sagte er stattdessen. Das ist sie. Ohne ein Wort des Dankes drehte Blake sich um und ging zu seinem Wagen. Gerade als die Sonne hinter einer Wolke verschwand, betrat Mike das Büro, das er sich mit seinem Sohn teilte. Steve und er führten den Flugservice gemeinsam, ein schönes kleines Unternehmen, das Mike irgendwann seinen Enkeln vermachen wollte. Schade, dass Steve nicht an seinem überladenen Schreibtisch saß oder an dem Motor seiner Flugzeuge he- rumbastelte. Nach der unterkühlten Begegnung mit Mr Blake hatte Mike das Bedürfnis nach der Wärme und Lebendigkeit seines Sohnes. Aber Steve war auch bei der Arbeit und flog die Anglergruppe. Mike sank auf den Schreibtischstuhl und fühlte sich mit einem Mal erschöpft. Er musste gleich zu seinem Arzttermin aufbrechen, aber jetzt schloss er die Augen und fragte sich, ob der eilige Besuch seines Sohnes den schwerkranken Mr Blake aufgemuntert und ob er sich darüber gefreut hatte. Mike hoffte von ganzem Herzen, dass der sterbende Mann nicht gespürt hatte, wie ungelegen seinem Sohn sein Tod kam. Wilhelmina Brewster trug noch Bademantel und Schlafanzug, als die antike Kaminuhr ihrer Großmutter die volle Stunde schlug. Zwölf Schläge zählte sie. Mittag. Und Wilhelmina war noch nicht einmal angezogen. Gestern hatte sie auch den ganzen Tag im Schlafanzug verbracht. Als sie noch ein Kind war, hätte nichts außer einer Krankheit als angemessene Ausrede für ein solch liederliches Verhalten gezählt, aber sie war nicht krank. Hätte jemand sie nach dem Grund gefragt, hätte Wilhelmina verächtlich geschnaubt und erwidert: Warum um Himmels willen soll ich mich denn anziehen, wenn es nichts gibt, was ich tun kann, und keinen Ort, wohin ich gehen könnte? Jetzt starrte sie aus dem Wohnzimmerfenster auf den Ahornbaum, dessen Blätter sich allmählich verfärbten. Der Herbst war für Wilhelmina immer eine erfüllende Zeit gewesen; sie hatte Vorlesungen vorbereitet, Konzerte geplant, Studierende beraten, Konzertvorspiele angehört und Mühe gehabt, ihrem viel zu vollen Terminkalender gerecht zu werden. Aber nicht in diesem Jahr. Nach einundvierzig Jahren als Musikprofessorin am Faith College war sie im vergangenen Frühjahr fünfundsechzig geworden und hatte damit das Alter erreicht, in dem sie zwangsweise in den Ruhestand verabschiedet worden war. Sie nahm sich das Buch, in dem sie gerade gelesen hatte, wieder vor, aber ihre Gedanken waren nicht bei dem Text, sondern zehn Kilometer entfernt auf dem Campus des Colleges. Während sie an ihr ehemaliges Büro dachte und sich fragte, wer jetzt auf ihrem Flügel Etüden übte, fiel Wilhelmina siedend heiß ein, dass sie heute tatsächlich irgendwohin musste und einen sehr guten Grund hatte, sich anzuziehen. Schon vor Wochen hatte sie eingewilligt, an diesem Nachmittag ein inoffizielles Klavierkonzert im Krebsberatungszentrum zu geben. Die Stücke, die sie spielen wollte, lagen ordentli...

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