Beschreibung
Ein Palästinenser und ein Israeli, in einem Buch vereint.
Zwei der bekanntesten jüngeren Autoren aus dem Nahen Osten, ein Israeli und ein Palästinenser, setzen ein Zeichen. Sie sind der Überzeugung, dass ihre Geschichten hervorragend nebeneinander existieren können, und schreiben gemeinsam ein Buch: 13 Kurzgeschichten von Etgar Keret und eine längere Geschichte von Samir El-youssef. Sie erzählen von den Träumen und Alpträumen der jüngeren Generation in Israel und im Libanon, Geschichten voller Witz und Phantasie, voller Verzweiflung und Sehnsucht - Geschichten über das ''ganz normale'' Leben unter ganz unnormalen Bedingungen.
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Leseprobe
Weissmann hatte einen trockenen Husten, der klang wie der Husten eines Tbc-Kranken, den ganzen Weg hustete er nur und spuckte in Papiertaschentücher. 'Das sind die Zigaretten', sagte er in entschuldigendem Ton, 'sie bringen mich einfach um.' Am Kontrollpunkt Erez parkten wir das Auto an einer Tankstelle. Dort wartete ein Taxi mit örtlichem Kennzeichen auf uns. 'Hast du daran gedacht, die Formulare mitzubringen?' fragte Weissmann und spuckte einen gelben Klumpen auf den Asphalt. Ich nickte. 'Auch die Vollmachten?' insistierte Weissmann. Ich sagte, ja, auch die. Wir mußten nichts zum Fahrer sagen, er wußte Bescheid und brachte uns direkt zu Fadids Büro. Es war Ende Mai, und die Straßen waren überflutet, offenbar ein Problem mit der Kanalisation. 'Scheißstraße', beschwerte sich der Fahrer, 'alle drei Wochen sind die Reifen hin.' Ich begriff, daß er von Anfang an an einer Aufbesserung des Wucherpreises arbeitete. Wir betraten Fadids Büro, Fadid drückte uns die Hand. 'Darf ich vorstellen', sagte Weissmann zu ihm, 'das ist Niv, er wird von unserem Büro ausgebildet. Er ist gekommen, um hier was zu lernen.' 'Mach die Augen auf, Niv', sagte Fadid in gestochenem Hebräisch zu mir, 'mach die Augen weit auf und sieh dich um, es gibt hier vieles zu lernen.' Fadid bat uns in sein Büro. 'Setz dich hierher', sagte er zu Weissmann und deutete auf den Ledersessel hinter dem Schreibtisch, 'und das', er zeigte auf einen kleinen Holzschemel in der Ecke des Zimmers, 'das ist der Stuhl für den Übersetzer. Ich komme um zwei zurück, fühlt euch wie zu Hause.' Ich setzte mich auf das Ledersofa im Büro und ordnete die Formulare auf dem niedrigen Tisch daneben in fünf verschiedene Stapel. Währenddessen traf auch der Übersetzer ein. 'Es gibt vier Kläger', sagte er, er hieß Mas'ud oder so ähnlich, 'zwei für das Auge, einer für den Fuß und einer für die Eier.' Das Unterschreiben der Formulare plus Interview sollte pro Akte nach Weissmanns Theorie etwa zwanzig Minuten in Anspruch nehmen, was besagte, daß wir uns in maximal eineinhalb Stunden auf den Rückweg machen konnten. Weissmann ließ ihnen vom Übersetzer die üblichen Fragen stellen und rauchte wie ein Schlot. Ich ließ sie die Formulare zur Aufhebung der ärztlichen Schweigepflicht und die Vollmachten unterschreiben und klärte jeden mit Hilfe des Dolmetschers einzeln darüber auf, daß wir für den Fall, daß es zu einer Anklageerhebung käme, einen Betrag berechnen würden, der sich zwischen fünfzehn und zwanzig Prozent bewegte. Einer von ihnen, der einäugig war, setzte seine Unterschrift mit dem Daumen darunter wie im Film. Der, der an den Hoden verletzt war, fragte am Schluß des Gesprächs auf hebräisch, ob diese Klage den Geheimdienstler, der ihn in die Eier getreten hatte, ins Gefängnis bringen würde. 'Ich weiß den Namen von ihm und fürchte mich nicht, auch vor Gericht auszusagen', sagte er. 'Steve, verdammt soll sein Vater sein, so haben sie ihn genannt.' Der Dolmetscher rügte ihn auf arabisch, daß Hebräisch gesprochen hatte. 'Wenn du selber mit ihnen reden willst', sagte er, 'dann braucht ihr mich nicht, dann kann ich gehen.' Ich kann ein bißchen Arabisch, ich habe es in der Schule gelernt. Binnen einer Stunde und zehn Minuten saßen wir bereits wieder in einem Taxi, das uns zum Kontrollpunkt Erez zurückbrachte. Fadid hatte uns zum Mittagessen eingeladen, aber Weissmann erklärte ihm, daß wir es eilig hätten. Weissmann hörte den ganzen Weg nicht auf, zu husten und in sein Taschentuch zu spucken. 'Das nicht gut, Herr', sagte der Fahrer zu ihm, 'du mußt zu Doktor gehen. Der Mann von meiner Schwester ist Doktor. Wohnt hier nahe.' 'Danke, ist schon okay, ich bin daran gewöhnt', Weissmann versuchte, ihm zuzulächeln, 'das kommt alles von den Zigaretten, sie bringen mich so langsam um.' Dann redeten wir lange Zeit nichts, ich dachte an das Volleyballtraining, das ich um fünf hatte. 'In drei Fällen haben wir eine Chance', sagte Weissmann plötzlich, 'außer bei dem mit den Eiern. Im Verlauf der drei Jahre, Leseprobe