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Der Maler Brabanzio Es gab in Prag einen Maler, von dem der Nachwelt nur wenig überliefert ist, er hieß Vojtech oder Adalbert Brabenec, doch er hörte es nicht ungern, wenn man ihn mit Signor Brabanzio ansprach. Man konnte ihn freilich eher einen Landstreicher und Vaganten nennen als einen Maler. Er pflegte alljährlich die böhmischen und österreichischen Länder, Ungarn und die Lombardei zu durchwandern, doch nahm er nur selten bei einem guten Meister Arbeit an, blieb auch nirgends lange, er hatte nämlich seine eigenen Anschauungen über die Malkunst und wollte sich den Weisungen des Meisters nicht fügen. Auch sonst war er von unruhiger Gemütsart, er führte, wo immer er sich befand, rebellische Reden gegen die Obrigkeit und bezeigte allen Personen von Stand und Ansehen, ja auch solchen Leuten, die nur anständig gekleidet waren, seine Mißachtung. So trieb er sich denn zumeist in Bauernschenken, in Hafenkneipen und in verrufenen Häusern herum, wo man auf seine aufrührerischen Reden gerne hörte und auch seine Fähigkeit, mit wenigen Strichen die Gesichter seiner Zechkumpane festzuhalten, zu schätzen wußte. Er sah, auch wenn er nicht betrunken war, ja selbst an Sonntagen so aus wie einer, den man soeben aus dem Rinnstein aufgelesen hatte, und sein Gesicht zeigte die Spuren überstandener Raufhändel, denn er und seine Gesellen hatten, wenn es Streit gab, das Messer immer gleich bei der Hand. Wenn er für einige Zeit der Händel und des Wanderlebens müde geworden war, kehrte er nach Prag zurück, in zerrissenen Schuhen, ohne Hemd, ohne einen Kreuzer in der Tasche, ja bisweilen sogar ohne sein Malgerät. Er ließ sich dann in der Werkstätte seines Bruders nieder, der am Moldauufer, unweit des Agnesklosters, das Gewerbe eines Flickschneiders ausübte. Sie liebten einander, aber sie kamen nur schlecht miteinander aus. Den Flickschneider verdroß es, daß sein Bruder nicht die ehrbaren Leute malte und auch nicht die Muttergottes und die lieben Heiligen, sondern immer nur geringes Volk und liederliches Gesindel: Betrunkene Soldaten, Zigeuner, Hundefänger, Taschendiebe, die Wäscherinnen vom Moldauufer mit ihren Körben, Quacksalber, Zahnbrecher, Musikanten, allerlei Gestalten aus den Gassen des Ghettos und die Höckerweiber, die auf dem Kleinen Ringplatz ihre selbstgefertigten Pflaumenmuskuchen feilhielten. Auch nahm er ihm übel, daß er mit dem Geld, das ihm seine Pinseleien bisweilen einbrachten, nicht hauszuhalten wußte. Denn - wie das Sprichwort sagt - ein Narr und seine Groschen bleiben nicht einen Tag lang beieinander. Nun waren aber einige dieser Bildchen, flüchtige Skizzen und Entwürfe, in die Hände solcher Leute gelangt, die etwas von der Malerei verstanden oder zu verstehen vorgaben. Und eines von ihnen, das einen bärtigen und etwas schiefgewachsenen Kapuzinermönch darstellte, der einen erbeuteten oder erbettelten Käselaib mit verliebten Augen betrachtete, war dem Römischen Kaiser zu Gesicht gekommen. Kaiser Rudolf II. war in jenen Zeiten aufs eifrigste darauf bedacht, seine Kunst- und Raritätenkammer zu bereichern, und das Geld, dessen er dazu bedurfte, scharrte er aus allen Ecken und Enden zusammen, so daß die Hofkammer viel Mühe hatte, seine Schulden zu bezahlen. Mit den Staatsgeschäften befaßte er sich in jenen Tagen nur wenig. Er liebte die Künste, er lebte nur für sie. Und wenn er auch die Wahl des Gegenstandes dieser Darstellung vom Standpunkt der Kirche aus mißbilligte, so erschien es ihm doch merkwürdig, ja beinahe unglaublich, daß unter seinen Böhmen, die in der Malerei so wenig Gutes hervorgebracht hatten, daß in einem schmutzigen Winkel der Altstadt ein Maler leben sollte, der hinter keinem der italienischen oder der niederländischen Meister seiner Zeit zurückstand. Damals verließ der Kaiser noch bisweilen die Prager Burg, er lebte noch nicht in ständiger Furcht vor den Mordanschlägen seines Bruders Matthias und anderer ihm feindlich gesinnter Personen. Und so trat er eines Morgens in der Tracht eines öffentlichen Schreiber Leseprobe