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Ruhe sanft, mein Herz

Ein Paris-Krimi, Paris-Krimis 2

Erschienen am 09.10.2012
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783492301213
Sprache: Deutsch
Umfang: 336 S.
Format (T/L/B): 2.6 x 19.1 x 12.1 cm
Einband: kartoniertes Buch

Autorenportrait

Claude Izner ist das Pseudonym der Schwestern Liliane Korb und Laurence Lefèvre, beide langjährige Bouquinistinnen mit eigenem Bücherstand am Seine-Ufer in Paris. Sie sind außerdem in der Filmbranche tätig und jede für sich als Schriftstellerin erfolgreich. Ihre gemeinsam verfassten Kriminalromane um den Buchhändler Victor Legris sind Bestseller in Frankreich, England und Italien und wurden bereits mehrfach ausgezeichnet.

Leseprobe

Immer für dieselben! Und für unsere lieben 'Unsichtbaren'.   Seid Ihr denn noch immer da? Ihr seid sicherlich tot, Aber wo ich bin, kann man zu den Toten sprechen.   Victor Hugo, Contemplations   Wir alle sind Geister.   Elisabeth von Österreich   Im Vorfeld   Kolumbien, Departamento Valle del Cauca, November 1889   Nach einem anstrengenden Abstieg durch den schwülen Regenwald hatten sie endlich Las Juntas erreicht. Ein bärtiger Mann ging an der Spitze. Ihm folgten zwei Träger, Indios, mit einem vierten Mann, der bewusstlos in einer Hängematte lag - sie hing an einer Stange, die die Männer geschultert hatten. Sie befanden sich etwa einen Kilometer außerhalb des Dorfes auf einem steinigen Pfad, gesäumt von blühendem Lippenkraut. Auf den sonnenverbrannten Ausläufern der Kordilleren zeichneten sich zwei Dutzend Hütten zwischen kärglichen Tabak- und Maisfeldern ab. Weiter unten wälzte der Rio Dagua seine aufgepeitschten Wasser in den Pazifischen Ozean. Der Weg, dem sie folgten, endete in einer Sackgasse vor einem verfallenen Gebäude mit dem prunkvollen Namen Hacienda del Dagua, einem aufgelassenen Warenlager aus der Zeit, als Las Juntas noch ein geschäftiger Handelsplatz zwischen den Städten Buenaventura und Cali gewesen war. Nun standen hier nur noch überwucherte Ruinen; lediglich ein Zimmer war unter dem eingestürzten Dach intakt geblieben. Die Indios legten die improvisierte Trage auf strohgefüllte Kisten und eilten sogleich wieder hinaus, während sie 'duendes, duendes' murmelten: 'Geister'. Der Bärtige verzog das Gesicht. Unter normalen Umständen hätte ein verhextes Haus seine Neugierde geweckt, aber seit drei Tagen war er vom Pech verfolgt, und er empfand eine wachsende Gleichgültigkeit gegenüber allem und jedem. Er blickte den Indios nach, die sich schnell entfernten, dann legte er seinen Tornister ab und inspizierte die Räumlichkeiten. Unzählige Spinnweben bildeten einen dichten Schleier über einem unordentlichen Haufen aus zerbrochenen Karrenreifen, Antriebsrädern von Maschinen, den Resten eines Telegraphen und Dutzenden leeren Flaschen. Der Mann hob ein vergilbtes, zerfleddertes Buch auf, dessen Seiten fast zu Staub zerfielen: À la Malibran, Stanzen von Alfred de Musset. Er lachte in sich hinein. Musset - hier an diesem Ort! Wie absurd! Er ließ das Buch fallen und beugte sich über die Gestalt, die quer auf den Kisten lag. Der Sterbende war etwa so groß wie er selbst, jedoch korpulenter. Sein aufgeknöpftes Hemd enthüllte einen schweißnassen Oberkörper, jeder Atemzug, begleitet von einem Röcheln, konnte sein letzter sein. Rötlicher Schaum stand ihm vor dem Mund. Die Kugel hatte ihn in den Rücken getroffen und seine Lunge durchschlagen. Der macht es nicht mehr lange, dachte der Bärtige und war erstaunt, wie kalt es ihn ließ. Er öffnete den Tornister und breitete den Inhalt auf dem gestampften Lehmboden aus: eine Brieftasche, ein paar Patronen, Unterwäsche, ein Messer, Generalstabskarten. Aus der Brieftasche ragte ein Umschlag, adressiert an Monsieur Armand de Valois, Geologe bei der Interozeanischen Kanal-Compagnie, c/o Señora Caicedo, Hotel Rosalie, Cali, Kolumbien. Er faltete den Brief auseinander und las leise:   29. Juli 1889   Mein liebster Armand, wie befindest Du Dich, mein Mäuserich? Dein Brief erreichte mich während meiner Abwesenheit, seit gestern bin ich wieder in Paris. Die Ferien in Houlgate waren herrlich; meine Freundin Adalberte de Brix (Du weißt schon - die Witwe des Präsidenten de Brix) hatte eine Villa neben der meinen gemietet. In Gesellschaft unternahmen wir schöne Spaziergänge, wir spielten Rasentennis, Federball und Krocket und lernten charmante Leute kennen, allen voran den englischen Spiritisten Numa Winner. Stell Dir vor, er hat schon vor zwei Jahren Ferdinand de Lesseps' Bankrott und die Einstellung der Arbeiten am Kanal vorausgesagt! Zusammen mit Adalberte habe ich ihn mehrfach besucht. Seit sie ihren Sohn Albéric so früh verloren hat, hegt sie eine grenzenl

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