Beschreibung
Die Beiträge untersuchen, wie Protestanten des deutschsprachigen Raumes in der Frühen Neuzeit dem Orient begegneten und wie sie die Kulturen und Religionen des Nahen Ostens für eigene religiöse und gelehrte Ziele instrumentalisierten. Dabei geht es um konfessionelle Besonderheiten im Umgang mit der islamischen Welt, aber auch um das Problem, inwieweit Orientkontakte die Selbst- und Weltsicht der Protestanten Mitteleuropas prägten und die Ausdifferenzierung der christlichen Bekenntnisse beeinflussten. In fünf Fallstudien zeigen die Autoren, dass frühneuzeitliche Berichte über Orientreisen entscheidend durch das Bekenntnis ihrer Verfasser geprägt waren und zur protestantischen Propaganda dienen konnten (Alexander Schunka); dass Taufen muslimischer Kriegsgefangener im Reich wichtige Funktionen für die Selbstvergewisserung und Selbstinszenierung des Luthertums übernahmen (Markus Friedrich) und dass protestantische Gelehrte die Auseinandersetzung mit Geschichte und Sprachen des Vorderen Orients zur Abgrenzung zwischen Lutheranern, Reformierten und Katholiken einsetzten (Jan Loop). Die Studien thematisieren ferner, wie die Entstehung der Orientalistik als universitäres Fach im Alten Reich mit Strukturfragen innerhalb der protestantischen Theologenschaft zusammenhing (Asaph Ben-Tov) und schließlich, dass der Beginn der Forschungen zum ismailitischen Islam am Ende des 18. Jahrhunderts vom protestantischen Interesse an einem Goldenen Kalb vorangetrieben wurde und das europäische Islambild entscheidend verkomplizieren sollte (Dietrich Klein).
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