Beschreibung
Er ist der schillerndste Politiker, den wir haben. Wer ihn bisher für einen Partylöwen hielt, wird nach dieser ungewöhnlich offenen Lebensbeschreibung sein Urteil überdenken. Denn kein deutscher Politiker hat sich seinen Aufstieg so hart erarbeitet wie Klaus Wowereit. Von seiner Jugend als eines von fünf Kindern einer alleinerziehenden Arbeiterin bis zum Amt des Regierenden Bürgermeisters von Berlin spannt sich der Bogen dieser Autobiografie, die zugleich eine politische Standortbestimmung ist.
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Leseprobe
Vielleicht verreise ich deswegen so gern, weil ich noch lieber wieder nach Berlin zurückkehre. Die Rückkehr macht mir jedes Mal wieder Freude. Bei welchen Städten geht es einem schon so, dass man mit Beginn des Sinkflugs unweigerlich anfängt, leise zu pfeifen oder fröhlich zu summen? Aus dem Fenster sieht man, wie die Weiten der Brandenburger Felder langsam enden und die bebauten Zonen wachsen: Hier beginnt die Stadt. Die Wasserflächen sehen aus, als herrsche fast zu jeder Jahres- und Tageszeit Betrieb. Ausflugsdampfer, ein einsamer Angler, der träge Havelschipper. Immer wieder überwältigt mich das satte Grün Berlins. Unweigerlich steigt ein Gefühl von Vertrautheit auf, von Freude auf meine Heimat, einen Ort, an dem ich mich sicher und geborgen fühle. Willkommen zu Hause. Heimat. Nähe. Verantwortung. Mein Berlin. Ich bin gewählt worden, um dafür zu sorgen, dass sich am Ende einer Wahlperiode mehr Menschen wohl, sicher und anerkannt fühlen als zu deren Beginn. Ich arbeite gern für diese Stadt. Denn ich habe Berlin viel zu verdanken. Bevor wir landen, fliegt der Pilot oft noch eine Schleife über der Stadt. Ist die Sicht klar, bietet sich ein grandioses Panorama. Das dunkelgrüne Band des Tiergartens, aus dem jene kräftigen Bauten herausragen, die es vor 20 Jahren noch gar nicht gab. Potsdamer Platz, Reichstag und Kanzleramt. Die Architektur ist beeindruckend und wird durch die großzügigen freien Flächen zwischen den Gebäuden besonders zur Geltung gebracht. Berlin ist weit und offen. Hier findet jeder einen Platz. Wie eine riesige Nadel ragt der Fernsehturm vom Alex empor. Am Fuße erkennt man einen wuchtigen Backsteinblock - das Rote Rathaus, in dem mein Büro liegt. Die Prachtstraße Unter den Linden, Museumsinsel, steinerne Relikte aus einer Zeit, als Kaiser und König herrschten. In der Ferne sind die verwaisten Großantennen der Amerikaner auf dem Teufelsberg zu erkennen. In Berlin war die Macht zu Hause, nicht immer zum Wohl der Stadt. Bei jeder der breiten Einfallstraßen, die wir gerade überfliegen, muss ich kurz überlegen, welche es ist. Je näher das Flugzeug der Erde kommt, desto deutlicher ist das städtische Leben zu erkennen: Villen, Baustellen, Gewerbe, ein Fußballplatz, manche Brachen, Verkehr, der meistens fließt. Überall Menschen, immer Bewegung. Metropole. Egal, ob ich nur ein paar Stunden unterwegs war oder eine ganze Woche, ich empfinde immer eine ganz besondere Spannung bei der Rückkehr. Denn irgendetwas ist immer geschehen. Eine tolle Premiere hat stattgefunden oder eine verrückte Ausstellung in irgendeinem verträumten Hinterhof. Eine zukunftsweisende Firma ist gegründet worden, eine bahnbrechende Erfindung wurde gemacht, ein neues faszinierendes Gebäude wurde eröffnet. Berlin steht nie still, ist nie fertig. Tag und Nacht liegt ein Flirren über dieser Stadt, eine Glocke aus Kraft und Kreativität, in die das Flugzeug langsam eintaucht und die seine Passagiere gleichsam auflädt mit diesem besonderen Berliner Gefühl. Mag das Leben hier auch nicht leichter sein als anderswo, so ist es doch gelassener, neugieriger, ein bisschen frecher vielleicht, auf jeden Fall aber international. Wir Berliner haben schon eine ganze Menge mitgemacht: Preußen, Kaiser, Kriege, die Nazizeit, Teilung plus Mauer. "Die Geschundene" hieß diese Stadt lange. Aber sie hat das Leid ertragen und daraus gelernt. Zum Beispiel, die besseren Zeiten dankbar anzunehmen. Nach einigen Jahren Misstrauen sich selbst gegenüber entdeckt Berlin sich derzeit neu. So wie die Skepsis im ganzen Land abnimmt, so gewinnen die Bewohner der Hauptstadt langsam, aber beharrlich ein neues Selbstbewusstsein. Wir erleben eine Zeit, die zu den glücklicheren Phasen Berlins gehört. Es ist nicht alles perfekt, aber die Richtung stimmt. Es geht voran. Einbildung oder nicht, mir kommt die Landung in Berlin oft sanfter vor als auf anderen Flughäfen. Das Flugzeug ist fast immer bis auf den letzten Platz gefüllt. Es herrscht Ungeduld an Bord, Tatendrang. Menschen aus aller We Leseprobe