Beschreibung
Nach seinen "Raben"-Bestsellern erschafft James Barclay eine neue faszinierende Fantasy-Welt Mit "Die Kinder von Estorea" hat James Barclay, der junge britische Starautor, ein Fantasy-Meisterwerk geschaffen - Estorea, das bedeutendste Herrschaftsgebiet in der Geschichte des Kontinents, erzittert angesichts der Schrecken dunkler Zauberkräfte. Da entdecken vier Kinder ihre außergewöhnlichen magischen Fähigkeiten: Nur sie haben Macht über die Elemente Wasser, Feuer, Erde und Wind. Nur sie sind auserkoren, die Zukunft des Reichs zu gestalten.
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Leseprobe
1 834 Zyklus Gottes, 1. Tag des Genasauf 1. Jahr des wahren Aufstiegs Da waren sie nun und schliefen den Schlaf der Gerechten. Neugeboren und hilflos. So schön und zerbrechlich. Darin unterschieden sie sich nicht von allen anderen Kindern, die auf Gottes gesegneter Welt geboren wurden. Noch nie jedoch hatte man vier Neugeborene so ausgiebigen, stummen Beobachtungen unterzogen und sie mit solcher Angst und Hoffnung und voller Staunen untersucht. Eine Spannung lag in der Luft, die sie hätte wecken und ärgerlich weinen lassen müssen. Sie schliefen. Um die Reihe der Bettchen hatten sich diejenigen versammelt, für die diese drei Jungen und das Mädchen den Höhepunkt einer generationenlangen Hingabe darstellten, und betrachteten die winzigen Gesichter der Kinder, die erst vor wenigen Stunden das Licht der Welt erblickt hatten. Trotz all der gesammelten Weisheit und der umfangreichen schriftlichen Aufzeichnungen derer, die vorher gelebt hatten, war noch nicht klar, ob diese vier den Erwartungen gerecht werden würden. So lange sie die Kleinen auch anstarrten, ein Zeichen würden sie nicht bekommen. Die Kinder gaben nicht zu erkennen, ob sie alles oder überhaupt irgendetwas von dem besaßen, was die erschöpfenden Berechnungen vermuten ließen. Dennoch starrten sie andächtig. Einmütig hatte sich die Autorität des Aufstiegs versammelt. Alle spürten, dass etwas Besonderes geschah. Nach unzähligen Enttäuschungen und falschen Hoffnungen war es dieses Mal anders. Es musste einfach so sein. Shela Hasi stand hinter den kleinen Betten, sechs der acht Mitglieder der Autorität drängten sich vor ihr. Nun begann die unvermeidliche, unbestimmbar lange Wartezeit, bis sich die wahre Begabung zeigte. In den kommenden Jahren konnten sie nur hoffen und träumen, dass sich ein Schicksal erfüllen werde, das in den Nebeln der alten Religion und der überkommenen Glaubenssätze vorgezeichnet war. In Gegenwart der Autoritäten empfand sie Ehrfurcht. Alle in Westfallen standen einander nahe, und doch besaßen die Autoritäten eine Ausstrahlung, die sie von den anderen abhob. In ihnen schlummerten die Fähigkeiten, sie besaßen eine außerordentliche Hingabe und eine unerschütterliche Entschlossenheit. Shela konnte nicht verhehlen, dass sie gelegentlich auch etwas Neid empfand. Bis zu ihrem zehnten Geburtstag war sie selbst eine Wassergeborene gewesen. Eine wundervolle Zeit, die sie nie vergessen würde. An dem Tag, als die Gabe sie im Stich gelassen hatte, wäre sie beinahe ertrunken. Das war jetzt fast vierzig Jahre her, und immer noch schmerzte sie der Verlust gelegentlich so sehr wie damals. Eine Verletzung ihres Körpers. Der Raub von etwas, das sie als selbstverständlich zu betrachten gelernt hatte. So beneidete sie die Autoritäten um ihre weiter bestehende Verbindung zum Aufstieg, um ihren Zugang zu dem Potenzial, das diese Kinder hoffentlich ebenfalls besaßen. Gleichzeitig empfand sie Mitleid mit ihnen, da sie sich Tag für Tag ängstigen mussten. Gewöhnlich verblasste die Gabe schon früh im Leben, es konnte jedoch auch erst in späteren Jahren zu diesem Bruch kommen, wenn der Schmerz ungleich schwerer zu ertragen wäre. Jede Nacht betete sie wie alle Angehörigen ihrer Linie, der Autorität möge nichts Böses widerfahren. Bisher hatte Gott ihre Gebete erhört. Lächelnd beobachtete sie die erhabensten unter den Einwohnern Westfallens, die ihrerseits hingerissen die Kinder betrachteten. Ardol Kessian, einer von nur drei Überlebenden der ersten Linie. Jen Shalke, noch keine zwanzig und sehr bemüht, sich mit ihrer hohen Bestimmung abzufinden. Ardol Kessian war ein ausgesprochen liebenswürdiger Mann von mittlerweile einhundertzweiunddreißig Jahren, völlig haarlos und gebeugt, aber ungebrochen. Sein Lächeln vermochte einem kalten Tag die Schärfe zu nehmen, und seine tiefe, wohltönende Stimme spendete der Autorität seit Generationen Trost. Er war ein unvergleichlicher Windleser und hatte ihnen bereits erklärt, wie warm es während der Geburten und in den folgenden Tag