Beschreibung
Eine Liebe in Zeiten des Krieges, ein dunkles Geheimnis, das Generationen überdauert Als Sonia nach Spanien reist, ahnt sie nicht, wie sehr die Geschichte des Landes auch das Schicksal ihrer Familie geprägt hat. Immer tiefer taucht Sonia ein in die Vergangenheit der Familie Ramírez, eine Vergangenheit, die auch für Sonia Folgen hat. Spanien in den frühen dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts: Die vier Kinder der Familie Ramírez aus Granada sind dabei, ihre Träume zu verwirklichen. Mercedes, die jüngste Tochter, liebt den Tanz über alles. Aber erst als sie den Gitarristen Javier Montero trifft, wird sie durch seine Musik zur erfolgreichsten Flamencotänzerin des Landes. Jede Bewegung zeugt von ihrer Zuneigung füreinander, jede Note besingt ihre große Liebe. Doch nach der Machtübernahme Francos bleibt nichts, wie es war. Die Familie droht an den politischen Konflikten zu zerbrechen, Mercedes und Javier verlieren sich in den Wirren des Spanischen Bürgerkrieges. Fieberhaft begibt sich die Tänzerin auf die gefährliche Suche nach dem Geliebten. Jahrzehnte später erfährt die zweiunddreißigjährige Sonia bei einem Spanienaufenthalt von der berührenden Liebe in Zeiten des Krieges. Fasziniert nimmt sie die Spuren der Vergangenheit auf, ohne zu wissen, wie sehr Mercedes' Schicksal mit ihrem eigenen verwoben ist. Nach ihrem internationalen Bestseller "Insel der Vergessenen" erzählt Victoria Hislop erneut voller Intensität und Poesie von einer großen Liebe, die vom Unheil überschattet wird.
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Leseprobe
Granada, 1937 Das leise Klicken einer zufallenden Tür drang durch die Stille der dunklen Wohnung. Außer dem Vergehen, zu spät zu kommen, hatte das Mädchen auch noch die Sünde begangen, seine Heimkehr verheimlichen zu wollen. "Mercedes! Wo um Himmels willen bist du gewesen?", herrschte sie eine Stimme im Flüsterton an. Ein junger Mann trat aus dem Schatten in die Diele, und das Mädchen, kaum älter als sechzehn, stand mit gesenktem Kopf, die Hände hinter dem Rücken, vor ihm. "Warum kommst du so spät? Warum tust du uns das an?" Er zögerte, hin- und hergerissen zwischen vollkommener Verzweiflung und bedingungsloser Liebe für das Mädchen. "Und was versteckst du da? Als könnte ich mir das nicht denken." Sie streckte die Hände aus. Zum Vorschein kam ein Paar abgenutzter schwarzer Schuhe, deren Leder so weich wie Menschenhaut und deren Sohlen so dünn wie Papier waren. Erfasste das Mädchen behutsam an den Handgelenken und hielt es fest. "Bitte, ich bitte dich zum allerletzten Mal.", beschwor er sie. "Es tut mir leid, Antonio", erwiderte sie ruhig und sah ihn an. "Ich kann es nicht lassen. Ich kann einfach nicht." "Es ist zu gefährlich, mi querida, es ist zu gefährlich." Granada, 2001 Die beiden Frauen, die als letzte Zuschauer eingelassen wurden, nahmen ihre Plätze ein, und der missmutige gitano schob entschlossen die Riegel vor die Tür. Fünf Mädchen mit pechschwarzen Haaren, üppige Rockschleppen hinter sich herziehend, betraten die Bühne. Sie trugen eng anliegende Kleider in flammendem Rot und Orange, stechendem Grün und Ockergelb. Die leuchtenden Farben, der Cocktail aus schweren Düften, ihr plötzliches Erscheinen und hochmütig aufreizender Gang hatten etwas Überwältigendes. Hinter ihnen folgten drei Männer, von oben bis unten in düsterem Schwarz wie zu einer Beerdigung. Dann änderte sich die Stimmung. Ein leises Klatschen durchbrach die Stille, ein Mann strich mit den Fingern über die Saiten seiner Gitarre. Ein anderer brach in einen tiefen Klagelaut aus, der schließlich in Gesang überging. Die raue Stimme passte zu dem schäbigen Ort und dem zerklüfteten pockennarbigen Gesicht. Nur der Sänger und seine Truppe verstanden das obskure Patois, aber die Zuschauer spürten die Bedeutung des Liedtextes. Es ging um verlorene Liebe. Fünf Minuten vergingen auf diese Weise, während die etwa fünfzig Zuschauer in einer von Granadas cuevas im Dunkeln auf harten Bänken saßen und den Atem anhielten. Das Lied hatte keinen eindeutigen Schluss - es verklang einfach -, und die Mädchen nahmen dies als Stichwort, mit überaus sinnlichem Gang, den Blick starr auf die Tür vor ihnen gerichtet und ohne die Anwesenheit der fremden Zuschauer auch nur wahrzunehmen, wieder abzutreten. Ein Hauch von Bedrohung lag in dem dunklen Raum. "War es das?", fragte eine der Zuspätgekommenen flüsternd. "Ich hoffe nicht", antwortete ihre Freundin. Ein paar Minuten lang herrschte fieberhafte Spannung, bis ein wunderbarer, anhaltender Ton erklang. Keine Musik, sondern eher ein leises Rasseln: der Klang von Kastagnetten. Eine der jungen Frauen kehrte zurück. Mit den Füßen den Takt stampfend, ging sie den schmalen Raum entlang, und die Volants ihres Kostüms fegten über die staubigen Schuhe der Touristen in der ersten Reihe. Ihr Kleid in leuchtendem Orange mit großen schwarzen Tupfen lag so eng um Taille und Busen an, dass die Nähte spannten. Sie trat auf die Holzplatte, die als Bühne diente, und trommelte mit den Absätzen einen eindringlichen Rhythmus - eins-zwei-eins-zwei-eins-zwei-drei-eins-zwei-drei. Dann hob sie die Hände, und der hohle, schnarrende Ton der Kastagnetten setzte ein, während sie begann, sich langsam zu drehen. Und während sie sich drehte, trommelten ihre Finger auf die kleinen schwarzen Scheiben in ihren Händen. Die Zuschauer waren wie gebannt. Begleitet wurde sie vom klagenden Lied eines Sängers, der den Blick zu Boden gesenkt hielt. Wie in Trance drehte sich die Tänzerin weiter. Falls sie sich innerlich auf die Musik einlie Leseprobe