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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783453024540
Sprache: Deutsch
Umfang: 526 S.
Format (T/L/B): 3.6 x 18.8 x 12 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Es geschieht am helllichten Tag Anne und ihr Mann Harald erleben den Albtraum aller Eltern: Während eines Toscana-Urlaubs verschwindet ihr Kind beim Spielen spurlos. Die Suche der Polizei verläuft ergebnislos, und sie müssen ohne ihren Sohn nach Hause fahren. Zehn Jahre später kehrt Anne an den Ort des Geschehens zurück, um herauszufinden, was damals passiert ist. Sie ahnt nicht, wie nah sie dem Täter kommt - und er ihr.Ein Roman, der einem zuweilen den Hals abschnürt, so schrecklich realistisch ist die Geschichte.

Autorenportrait

Sabine Thiesler, geboren und aufgewachsen in Berlin, studierte Germanistik und Theaterwissenschaften. Sie arbeitete einige Jahre als Schauspielerin im Fernsehen und auf der Bühne und schrieb außerdem erfolgreich Theaterstücke und zahlreiche Drehbücher fürs Fernsehen (u.a. Das Haus am Watt, Der Mörder und sein Kind, Stich ins Herz und mehrere Folgen für die Reihen Tatort und Polizeiruf 110). Ihr Debütroman 'Der Kindersammler' war ein sensationeller Erfolg, und auch all ihre weiteren Thriller standen auf der Bestsellerliste. Zuletzt bei Heyne erschienen: 'Verschwunden'.

Leseprobe

PROLOG Toscana 1994 Die Atmosph? im Tal war eigent?mlich. Alle Fenster und T?ren der beiden H?er waren geschlossen, was Allora noch nie erlebt hatte. Weder der Mann noch die Frau waren zu sehen. Aber als sie ganz still war und den Atem anhielt, h?rte sie ein leises Wimmern, beinah wie das Jaulen einer Katze. Allora bohrte in der Nase und wartete ab. Das Jaulen verstummte manchmal f?r wenige Minuten, setzte aber immer wieder ein. Als sie ein hohes, schrilles Quietschen h?rte, zuckte sie zusammen und fing an zu zittern. Angst kroch ihr langsam den Nacken empor. Was war da los? Sollte sie einfach hingehen und anklopfen? Aber sie wagte es nicht. Der Engel war kein Mensch, bei dem man einfach auftauchen und ?allora? sagen konnte. Der Engel hatte etwas an sich, vor dem sie zur?ckschreckte. Als w? er mit einem unsichtbaren Stacheldraht umwickelt, der einen verletzte und einem die Haut aufschlitzte, wenn man zu nahe kam. Und zum ersten Mal kam ihr der Gedanke, dass der Engel vielleicht gar kein Engel war. Die Sonne war l?st untergegangen, und die Nacht brach herein. Im Wald wurde es schnell dunkel, viel schneller als auf freiem Feld. Allora dachte noch nicht an den R?ckweg, sie starrte unverwandt in Richtung M?hle. Die Laternen links und rechts neben der T?r brannten nicht, und auch im Haus war alles dunkel. Als Allora das Haus kaum noch erkennen konnte, wurde ihr klar, dass sie die Zeit vergessen hatte, jetzt konnte sie nicht mehr zur?ck. Sie w?rde im Wald ?bernachten m?ssen. Pl?tzlich h?rte sie einen Schrei. Einen lang anhaltenden Schrei, der gar nicht mehr enden wollte. Und in diesem Moment wusste Allora, dass das keine Katze war, sondern ein Mensch. Allora hielt sich die Ohren zu, bis der Schrei verstummte. Danach war es totenstill. Kein Laut drang mehr aus der M?hle zu ihr her?ber. Sie rieb sich die Augen, die brannten, als h?e sie zu nahe am Feuer gesessen und zu lange in die Flammen gestarrt. Sie war wie gel?t. Sa?in ihrem Erdloch, unf?g, sich zu bewegen. Langsam kroch ihr die K?e in die nackten F?? und die Beine hinauf. Allora w?hlte sich noch tiefer in ihr Erdloch und h?te Zweige, Bl?er und Moos um sich herum, alles, was sie erreichen konnte, ohne ihre Kuhle zu verlassen. Dann umschlang sie ihre Beine mit den Armen, legte ihr Kinn auf die Knie und wartete weiter. Ihr Atem ging gleichm?g, ihr Herz schlug jetzt langsamer. Aber sie war hellwach, konzentrierte all ihre Sinne auf die stille M?hle. Doch da war nichts mehr. Kein Laut. Kein Ton. Fenster und T?ren blieben geschlossen, der Mann kam nicht mehr aus dem Haus. Das K?chen schrie. So wie das K?chen in der Nacht geschrien hatte, als die alte Giulietta gestorben war. Ihre geliebte Nonna. Allora wusste am n?sten Morgen nicht, ob sie die ganze Nacht so gesessen und gewacht oder ob sie geschlafen hatte. Im Morgengrauen h?rte sie, wie die h?lzerne K?chent?r in den Angeln quietschte. Die Sonne kam gerade mit den ersten Strahlen ?ber die Bergkuppe, als der Mann aus dem Haus trat. In seinen Armen trug er einen leblosen Jungen, genau so, wie sie ihre Nonna getragen hatte. Der Kopf des Jungen hing weit nach hinten gekippt ?ber dem linken Unterarm des Mannes, der Mund stand offen. Seine blonden Haare bewegten sich leise im Wind. Den rechten Unterarm hatte der Mann unter den Knien des toten Kindes, die Beine baumelten schlaff hin und her, als er mit ihm zum ausgetrockneten Teich ging und es behutsam hineinlegte. Wenig sp?r begann die Betonmischmaschine mit ohrenbet?endem Krach zu rotieren, sodass Allora die Flucht ergriff. Der Mann, den sie von nun an nie wieder Engel nannte, hatte sie nicht bemerkt. Alloras Glieder waren steif und kalt, ihr Atem ging flach, sie musste so viel denken, dass ihr das Laufen schwer fiel. Sie brauchte drei Stunden bis nach San Vincenti. Niemand fragte sie, wo sie in der Nacht gewesen war. Sie ging in ihr Zimmer und kroch in ihr Bett, ohne sich die Erde von den Armen und Beinen zu waschen. Sie zog sich die Decke ?ber die Ohren und versuchte zu v