Beschreibung
Zwei Musterbeispiele des romantischen Kunstmärchens, dessen Gattung durch Tiecks 'Blonden Eckbert' geradezu begründet wurde. 'Im Blonden Eckbert', schrieb A. W. Schlegel, 'werden Schauer erregt, an denen keine Hässlichkeit der Erscheinung teilhat, und die umso überraschender treffen, weil sie nicht mit großen Zurüstungen herbeigeführt werden.'
Autorenportrait
Ludwig Tieck, 31. 5. 1773 Berlin - 28. 4. 1853 ebd. T. stammte aus einem gebildeten protestantischen Handwerkerhaus. Nach dem Besuch des Friedrichswerderschen Gymnasiums in Berlin (1782-92) studierte er 1792-94 in Halle, Göttingen und Erlangen (hier mit W. Wackenroder) nominell Theologie, in Wirklichkeit Literatur, Altertumswissenschaft, Kunst und Philosophie. Im Herbst 1794 kehrte er nach Berlin zurück und lebte als freier Schriftsteller. Bei Aufenthalten in Jena kam es zu engen, freundschaftlichen Beziehungen zu den Frühromantikern um Novalis und die Brüder Schlegel. 1802 zog T. auf das Gut eines Freundes bei Ziebingen in der Nähe von Frankfurt a. d. O. Er unternahm zahlreiche Reisen (1805-06 Rom, 1808-10 München, 1813 Prag, 1817 London und Paris u. a.). 1819 siedelte er mit Familie und der Geliebten Henriette v. Finckenstein nach Dresden über (1825 Hofrat und Dramaturg des Hoftheaters) und nahm bald, auch durch die berühmten Leseabende, eine zentrale Stellung im Dresdener Kulturleben ein. 1842 berief ihn König Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin, wo er Musteraufführungen inszenieren sollte (bedeutend nur der Sommernachtstraum mit der Musik von Felix Mendelssohn-Bartholdy 1843). Die letzten Berliner Jahre waren eine Zeit zunehmender Vereinsamung, Resignation und Krankheit. T.s schriftstellerisches Werk ist ebenso umfangreich wie vielseitig. Bereits als Gymnasiast verfasste er Dramen und Erzählungen und arbeitete erfolgreich an der Trivialliteraturproduktion seines Lehrers Friedrich Eberhard Rambach mit. Dann schrieb er regelmäßig Erzählungen für den Almanach Straußfedern des Aufklärers F. Nicolai, bis mit dem Briefroman William Lovell die erste bedeutende, die frühromantische Phase seines Schaffens einsetzte. Dabei zeigt er sich offen für die unterschiedlichsten Aspekte und Formen der romantischen Literatur: ironisch-satirische Märchenspiele und Literaturkomödien, abgründige und unheimliche, Momente des Schauerromans aufnehmende Erzählungen wie Der blonde Eckbert (in: Volksmährchen), Volksbuchbearbeitungen in einem scheinbar naiven Erzählton, Annäherungen an die nihilistische Seite der Romantik im William Lovell, Entwürfe des Konzepts einer romantischen Kunstreligion in den Beiträgen zu Wackenroders Herzensergießungen und in dem ersten Künstlerroman der Romantik, Franz Sternbalds Wanderungen, Versuche poetischer Gesamtkunstwerke im Sinn der progressiven Universalpoesie F. Schlegels (z. B. die an Shakespeare und das span. Theater anknüpfende Tragödie Leben und Tod der heiligen Genoveva, in: Romantische Dichtungen). Die romantische Mittelaltersehnsucht, die vielfach in der Stoffwahl sichtbar wird, fand ihren Ausdruck auch in einer Reihe von Ausgaben und Bearbeitungen altdeutscher Dichtungen. Darüber hinaus beschäftigte sich T. mit Shakespeare, übersetzte den Don Quijote und edierte die Werke zeitgenössischer Dichter wie Novalis, F. Müller oder H. v. Kleist. Eine Art Zusammenfassung seines frühen Werkes bietet die durch eine Rahmenerzählung verbundene Sammlung Phantasus. Seine 1821 einsetzende umfangreiche Novellenproduktion nimmt mit dem Unheimlichen und Wunderbaren Themen der romantischen Phase seines Werkes auf, doch geschieht dies nun dadurch, dass T. das Wunderbare in die sonst alltäglichen Umstände und Verhältnisse legt. Seine Zeit- und Gesellschaftsnovellen, oft in Gesprächsform gehalten, geben so ein Bild der biedermeierlichen Welt und registrieren vielfach auch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen der Zeit, ohne die Grenze zum Realismus zu überschreiten. Fern von romantischer Verklärung der Vergangenheit sind die großen historischen Novellen und Romane der Spätzeit wie Aufruhr in den Cevennen und Vittoria Accorombona, die die Spannweite von T.s Schaffen und zugleich sein Gespür für Zeitströmungen und moderne Themen zeigen. In: Reclams Lexikon der deutschsprachigen Autoren. Von Volker Meid. 2., aktual. und erw. Aufl. Stuttgart: Reclam, 2006. (UB 17664.) - © 2001, 2006 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart.