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'Ein glühender Roman! An jeder Seite verbrennt man sich die Finger.' Frédéric Beigbeder
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Leseprobe
Oscar ist tot, weil ich ihm beim Sterben zugesehen habe, ohne mich zu rühren. Erdrosselt von den Seilen einer Schaukel, wie die Kinder in den vermischten Nachrichten. Oscar war kein Kind. Mit siebzehn stirbt man nicht so, nicht ohne Absicht. Man drückt sich die Kehle zu, um etwas zu fühlen. Vielleicht versuchte er, so zum Höhepunkt zu kommen. Deswegen waren wir doch alle hier. Wie auch immer, ich habe mich nicht gerührt. So kam das alles. Es war der letzte Freitag im August und schon spät. Der Campingplatz schlief. Blieben noch die Jugendlichen am Strand. Auch ich war siebzehn, aber ich war nicht dabei. Ihre Musik hinderte mich am Einschlafen. Sie kroch über die Düne, mit den Wellen und ihrem Gelächter. Sobald sie verstummte, hörte ich, wie sich meine Eltern in ihrem Zelt bewegten. Ich konnte einfach nicht still liegen. Steine drückten durch meine Luftmatratze, und an meiner Haut klebte Sand. Manchmal kam der Schlaf, doch dann schrie wieder irgendjemand am Strand. Es war ein grausamer, gegen mich gerichteter Kosmos der Freude, ein großer Tanz um mein Zelt herum. Ich war am Ende meiner Kräfte. Ein Tag noch, und die Ferien wären endlich vorbei. In jener Nacht stand ich wieder auf und ging spazieren. Auf dieser Seite war alles ruhig. Die Zelte und Bungalows verschwammen zu Schatten. Nur der Kondomautomat leuchtete. 'Schützt euch' stand darauf. Gemeint war vor allem Tut es. Die Jugendlichen kauften jeden Abend welche, stolz und verschämt zugleich. Kaufen bedeutete schon ein bisschen, es zu tun. Doch oft endete es mit einem Gummiballon, der in der Luft zerplatzte wie eine Ader mitten im Herzen. Dieser Campingplatz hatte mir schon schwer zu schaffen gemacht. Seit zwei Wochen lief ich die schmalen Alleen auf und ab, erfand Umwege, um die Zeit totzuschlagen. Ich war auf alle Partys gegangen, hatte mich bemüht. Und jedes Mal war ich schon nach kurzer Zeit wieder abgehauen, hatte nach ein paar Getränken so getan, als würde ich mir ein neues holen, um unbemerkt am Wasser entlang zurückzugehen. Aber ich bekam dennoch wenig Schlaf. Die Musik spielte immer weiter und ich war derart aufgewühlt, dass die Anspannung bis zum Morgengrauen vorhielt. Auf einem meiner Umwege stieß ich in dieser Nacht auf Oscar. Ich ging am Spielpark vorbei und sah ihn auf der Schaukel. Er war betrunken. Die Seile waren um seinen Hals gewickelt. Zuerst habe ich mich gefragt, was er da tat. Ich hatte ihn vorher mit den anderen am Strand tanzen sehen. Er hatte Luce geküsst, und ich hätte mich beinahe übergeben; es fiel mir wieder ein, ihre fast nackten Körper, die sich in der Dunkelheit abzeichneten. Nun hing er vor meinen Augen alleine an der Schaukel, und ich begriff, dass er starb. Die Seile würden ihn langsam erdrosseln. Er hatte das selbst getan, und nach seinem Gesichtsausdruck zu schließen, hatte er seine Meinung vielleicht geändert. Ich rührte mich nicht. Nichts rührte sich in dem einsamen Park. Die hochgewachsenen Pinien verdeckten den Mond. Plötzlich hat Oscar mich gesehen, sein Blick fixierte mich und ließ nicht mehr von mir ab. Er öffnete den Mund, doch nichts drang heraus. Er bewegte die Füße, aber sein Körper folgte nicht. So schauten wir uns an. Es stimmte, dass ich in den Tagen zuvor manchmal gewollt hatte, dass er verschwindet, wenn er in seiner blauen Badehose dastand und lächelte. Hinter der Düne spielte immer noch die Musik, ich erkannte den Refrain: Blow a kiss, fire a gun. We need someone to lean on. Es dauerte. Erdrosselt werden dauert. Der Augenblick seines Todes wurde hinausgezögert und entging mir. Ich fühlte mich einfach immer einsamer. Irgendwann fiel sein Kopf nach vorn, was den Seilen einen Schubs zu geben schien, denn sie drehten sich daraufhin zurück in die andere Richtung, wickelten sich immer schneller auf und ließen ihn los. Er fiel wie ein nasser Sack auf den weichen Boden des Parks. In siebzehn Jahren hatte ich kaum Dummheiten begangen. Diese hier war schwer zu begreifen. Es ging zu schnell un